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Aufräumen nach dem großen Schnee

11. Januar 2010

Das deutsche Winterchaos ist zwar noch nicht überall aufgearbeitet, immerhin zeichnet sich jedoch Entspannung ab: Im Norden sind die meisten eingeschneiten Ortschaften inzwischen wieder erreichbar.

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Ein Zug der Deutschen Bahn steckt in einer Schneewehe bei Anklam in Mecklenburg-Vorpommern fest (Foto: AP)
Nichts ging mehr im Schneechaos von Mecklenburg-VorpommernBild: AP

Einige Landkreise in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind von normalen Zuständen allerdings noch ein Stück entfernt. Nach einer dramatischen Nacht waren einige Gemeinden auf der Ostsee-Insel Fehmarn am Montagvormittag (11.01.2009) noch von der Außenwelt abgeschnitten. Das betreffe jedoch nur noch "eine Handvoll" der 42 Dörfer und Ortslagen, sagte Fehmarns Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt, "da kann man schon von Entspannung sprechen". Die von meterhohen Schneebergen gesäumten Straßen seien aber noch nicht wieder normal befahrbar.

Die Räumdienste hatten die ganze Nacht über mit Schneefräsen, Radladern und Baggern gearbeitet. Menschen sind in dem Schneesturm nach derzeitiger Erkenntnis nicht zu Schaden gekommen. Am Fehmarn-Sund konnte unter erheblichen Anstrengungen vieler auch freiwilliger Helfer ein Deichdurchbruch verhindert werden, indem der aufgeweichte Wall mit acht Lkw-Ladungen voller Sandsäcke befestigt wurde. In fünf schleswig-holsteinischen Landkreisen blieben die Schulen geschlossen.

Fernreisende sollten sich informieren

Bahnmitarbeiter räumen mit Schneeschippen die Gleise frei (Foto: AP)
Nicht allein mit schwerem Gerät, auch mit Schippen und Schaufeln kämpfen die Räumdienste gegen die SchneemassenBild: AP

Auch in Vorpommern sind einige Straßen weiter unbefahrbar, der Bahnverkehr leidet ebenfalls noch unter den Folgen von Sturmtief "Daisy". Die Autobahn A 20 war am Vormittag zwischen Gützkow und Greifswald weiter gesperrt. Selbst die Räumdienste hatten örtlich Schwierigkeiten durchzukommen. Auf der Landesstraße 01, wo am Sonntag rund 20 Autos im Schnee stecken geblieben waren, musste eine Schneefräse aus einem Graben gezogen werden. Der Fahrer hatte die Straße vor lauter Schnee nicht mehr erkennen können. In den Landkreisen an der Ostseeküste fuhren zudem viele Busse nicht.

In Nordvorpommern sei der öffentliche Nahverkehr für Montag völlig eingestellt worden, teilte der Krisenstab im Schweriner Innenministerium mit. Die Bahn gab bekannt, dass Reisende der Intercity-Linie Berlin-Greifswald-Stralsund sowie der Regionalexpress-Linie 3 nach Stralsund mit Behinderungen rechnen müssen.

Flugausfälle

An Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt am Main müssen Reisende weiterhin mit Verspätungen und einzelnen Flugausfällen rechnen. Am Montagvormittag wurden nach Auskunft des Flughafenbetreibers Fraport zunächst 15 der insgesamt mehr als 1200 geplanten Starts und Landungen gestrichen. Das hänge jedoch mit Problemen auf anderen Flughäfen, wie etwa in London und Warschau, zusammen. In Frankfurt habe sich der Flugbetrieb weitgehend normalisiert, erklärte Fraport. So seien alle drei Bahnen des Airports in Betrieb. Am Wochenende waren in Frankfurt rund 300 Flüge ausgefallen.

Wirtschaft befürchtet Milliardenverluste

Bauarbeiter im Gegenlicht bei der Arbeit (Foto: AP)
Auch die deutsche Wirtschaft kommt nicht ungeschoren durch den harten WinterBild: AP

Schnee und Frost lähmen inzwischen auch die deutsche Wirtschaft. "Die kalte Witterung kann uns den Einstieg ins Wachstumsjahr 2010 gehörig verhageln", beklagt der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, in der "Bild"-Zeitung. Viele Bautätigkeiten lägen derzeit auf Eis. Das treffe neben den Bauunternehmen selbst auch die Zulieferer von Baustoffen und Maschinen, den Gerüstbau, die Dachdecker sowie den Handel mit Innenausstattungen. Wenn sich das Wetter nicht bald ändere, verlöre die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal rund zwei Milliarden Euro Wertschöpfung am Bau, sagte Treier weiter. Umgerechnet seien dies rund 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal.

Nach dem Sturmtief "Daisy" rechnet der Deutsche Wetterdienst damit, dass nun Hoch "Bob" die Schneeberge in den kommenden Tagen gefrieren lässt. Die Temperaturen sollen tagsüber höchstens um den Gefrierpunkt liegen.

Frankreich lässt Soldaten gegen den Schnee kämpfen

Der Winter hält auch andere Teile Europas fest im Griff. In Frankreich wurde die Armee damit beauftragt, eingeschneite Haushalte zu befreien. Mehrere Einheiten seien im südöstlichen Département Drôme unterwegs, berichtet die Zeitung "Le Parisien". Für die Drôme hat der Wetterdienst Temperaturen von Minus 13 Grad vorausgesagt. Schul- und Reisebusse dürfen dort nicht mehr auf die Straße. Im Südosten des Landes sind noch etwa 2400 Haushalte ohne Strom. An der Mittelmeerküste waren am Sonntag mehrere Strände zugeschneit. Ansonsten hat sich die Lage in Frankreich beruhigt.

In Polen müssen rund 100.000 Menschen weiterhin ohne Strom auskommen. Heftige Schneefälle hatten zahlreiche Strommasten beschädigt, auch Leitungen sind gerissen. Am schlimmsten ist die Lage in Schlesien, wo 65.000 Haushalte von der Energieversorgung abgeschnitten sind, viele davon bereits seit Samstag. Unter dem Wintereinbruch leiden auch zehntausende Bahnpassagiere. Auf der Strecke Krakau-Warschau verkehren die Züge mit mehrstündigen Verspätung. Die Behörden forderten die Eigentümer von Wohn- und Geschäftshäusern auf, den Schnee von den Dächern zu räumen.

Autor. Rolf Breuch (dpa, apd, afp, rtr)

Redaktion: Martin Schrader