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Aufruf zur Hilfe

Sabine Kinkartz 26. März 2003

Angesichts des fortdauernden Krieges im Irak ruft in Deutschland ein breites Bündnis von Hilfsorganisationen zu Spenden auf. Eine der größten humanitären Katastrophen der vergangenen Jahre droht.

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Essensausgabe auf der Straße in Bagdad (Archiv)Bild: AP

Der Lastwagen steht bereit. 20 Tonnen Hilfsgüter, darunter eine Notfallambulanz, Zelte und Wasserentkeimungstabletten schicken deutsche Hilfsorganisationen am Mittwoch (26.3.) nach Syrien. In der Grenzregion zum Irak sollen Flüchtlinge versorgt werden, doch die Hilfsgüter reichen bei weitem nicht aus. Heribert Röhrig, Geschäftsführer der Aktion "Deutschland hilft", warnt vor einer humanitären Katastrophe. "Wir befürchten, dass es bei einer Eskalation der Kriegshandlungen zu einem doppelten humanitären Desaster kommen kann.

Zweifacher Ansturm zu befürchten

Zum einen könnten mehrere Millionen Menschen gleichzeitig versuchen, aus dem Kriegsgeschehen der umkämpften Städte zu flüchten, entweder innerhalb des Landes, oder über die Grenzen", erklärt er. "Auf einen solchen Ansturm wären alle bisher schon eingerichteten Flüchtlingslager nicht vorbereitet. Zum anderen könnte es sein, dass große Teile der Bevölkerung in den Städten ausharren müssen ohne versorgt werden zu können." Schon jetzt seien vor allem in den großen Städten Bagdad, Mosul und Basra rund zehn Millionen Menschen von der Versorgung abgeschnitten.

Breites Bündnis

In der "Aktion Deutschland Hilft" (ADH) haben sich der Malteser Hilfsdienst, Die Johanniter, der Arbeiter- Samariter-Bund, die Arbeiterwohlfahrt, ADRA, HELP, CARTE, der Paritätische Wohlfahrtsverband und World Vision zusammengeschlossen. Sie wollen ihre Kräfte bündeln, doch ihre Mittel reichen nur für die Teil-Versorgung von maximal 350.000 Menschen aus. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Versorgungslage im Irak war vor dem Krieg vom "Öl-für-Nahrungsmittel-Programm" der Vereinten Nationen abhängig. Dieses Programm aber, so Wolfgang Jamann von "Deutschland hilft", wurde komplett unterbrochen. "Zur Erinnerung: 60 Prozent der 25 Millionen Iraki sind von diesem Nahrungsmittelverteilprogramm abhängig. Es handelt sich hier um 16 Millionen Menschen, die jeden Monat Unterstützung von außen benötigen", so Jamann.

Vor allem die Kinder leiden

Drei Millionen Kinder gelten im Irak als unterernährt, bei 500.000 von ihnen ist die Situation lebensbedrohlich. "Kinder werden im Schnitt 14 mal im Jahr krank, das sind Durchfallerkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, die für 70 Prozent der Kindertode verantwortlich sind", weiß Jamann. "Wir haben noch Ende Januar eine Untersuchung im Irak durchgeführt und da ergab sich, dass ein Großteil der Kinder noch traumatisiert ist von den Auswirkungen des letzten Krieges. 40 Prozent der befragten Kinder haben gesagt, wir wissen nicht, wofür es sich lohnt zu leben."

Spenden dringend nötig

Die Vereinten Nationen rechnen mit 600.000 Flüchtlingen an den Grenzen und bis zu zwei Millionen Binnenflüchtlingen im Irak. Doch die sich anbahnende humanitäre Katastrophe ist in Deutschland den wenigsten Menschen bewusst. Die Bundesbürger jedenfalls zeigen bislang kaum Bereitschaft, für die Menschen in der Krisenregion zu spenden.

Die Aktion "Deutschland hilft" ruft daher zu Spenden auf, denn humanitäre Hilfe, so Wolfgang Jamann, sei dringend nötig, jetzt und auch nach dem Krieg. "Bei einer Zerschlagung der derzeitigen Verteilstrukturen müssen wir davon ausgehen, daß die internationalen und auch die deutschen Hilfsorganisationen natürlich einen wesentlichen Anteil haben werden an einem Wiederaufbau dieser Strukturen für die Versorgung der Iraker nach einem Krieg oder möglicherweise schon während eines Kriegs in humanitären Schutzzonen."