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Aufräumen bei Thyssen Krupp

Tom Käckenhoff (Reuters)18. Januar 2013

Die Hauptversammlung des Stahlkonzerns Thyssen Krupp ist überschattet von Fehlern der jüngsten Vergangenheit. Oberaufseher Cromme zeigt Einsicht und bekommt Rückendeckung von Berthold Beitz.

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Berlin/ ARCHIV: Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, nimmt in Berlin im Axel-Springer-Haus an einem Empfang teil (Foto vom 07.05.10). Milliardenverluste durch die neuen Stahlwerke in Amerika, Aerger mit den Kartellbehoerden, Korruptionsvorwuerfe und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen ein Vorstandsmitglied: Bei Deutschlands groesstem Stahlkonzern ThyssenKrupp geht es drunter und drueber. Das trifft das Essener Traditionsunternehmen hart. Es sorgt aber auch fuer Kratzer am Lack von Gerhard Cromme, dem Chefaufseher des Essener Konzerns. Der 69-Jaehrige ist einer der maechtigsten Manager der deutschen Wirtschaft - nicht nur wegen seiner Doppelrolle als Aufsichtsratsvorsitzender von ThyssenKrupp und Siemens. Lange Jahre war Cromme auch Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die die Regeln fuer die korrekte Fuehrung von Aktiengesellschaften erarbeitete. (zu dapd-Text)
Gerhard Cromme Aufsichtsratsvorsitzender ThyssenKrupp AGBild: dapd

ThyssenKrupp -Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hat am Freitag (18.01.2013) vor mehreren tausend Aktionären Fehler bei dem von Milliardenverlusten und Kartellverstößen erschütterten Konzern eingeräumt - Rücktrittsgedanken äußerte er jedoch nicht. "Wenn Sie mich fragen, ob wir als Aufsichtsrat in der Vergangenheit etwas hätten besser machen können, dann will ich ehrlich sagen: Ja, wir haben zu lange vertraut, wir hätten früher handeln können", sagte der 69-Jährige auf der Hauptversammlung in Bochum. Er fügte umgehend hinzu: "Aber: Wir haben gehandelt, immer dann, wenn entsprechende Fakten das ermöglicht haben - und wir haben konsequent gehandelt." Der mittlerweile zum starken Mann im Konzern aufgestiegene Vorstandschef Heinrich Hiesinger stellte sich hinter Cromme.

Beitz überraschend anwesend

"Gemeinsam werden wir - Aufsichtsrat und Vorstand - an einer erfolgreichen Zukunft für das Unternehmen arbeiten", sagte Cromme im Beisein der 99-jährigen Konzernlegende Berthold Beitz. Dieser führt die mächtige Krupp-Stiftung, die gut 25 Prozent an dem Unternehmen mit weltweit 150.000 Mitarbeitern hält und nahm überraschend an dem Aktionärstreffen teil.

ThyssenKrupp in der Krise

Cromme steht seit 2001 an der Spitze des Kontrollgremiums. Einige Aktionäre haben ihn aufgefordert, seinen Posten zu räumen. Sie machen ihn für das Desaster mit den neuen Stahlwerken in Übersee mitverantwortlich. Die Kosten für die Werke waren auf zwölf Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ThyssenKrupp im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von fünf Milliarden Euro eingefahren hat. Erstmals seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999 erhalten die Aktionäre keine Dividende.

Seitenhieb auf die Medien

Kerzengerade stehend und mit fester Stimme sprach Cromme zu den Aktionären. Er holte auch zu einem Seitenhieb auf die Medien aus: "Da ist viel Kritik geäußert worden, teilweise zu Recht, bisweilen auch unberechtigt. Was in den Medien steht, ist letztlich nicht maßgeblich. Maßgeblich ist, was Sie auf der Hauptversammlung beschließen." Er verwies erneut auf mehrere Gutachten, wonach der Aufsichtsrat keine Pflichtverletzungen begangen habe. Dennoch sei es nicht gelungen, "die Fehlentwicklung bei den Steel-Americas-Projekten" zu verhindern. "Ich kann ihnen versichern, dass nicht nur ich persönlich betroffen bin." Dies gelte für den gesamten Aufsichtsrat. "Wir haben deshalb in unserer heutigen Sitzung entschieden, für das Geschäftsjahr 2011/12 auf die Hälfte unserer Vergütung zu verzichten."

Konzernchef stützt Aufsichtsratschef

Rückendeckung erhielt Cromme von Konzernchef Hiesinger. Der Aufsichtsrat mit Cromme an der Spitze habe den Wandel des Unternehmens eingeleitet, betonte er. Er habe für seinen Kurs immer die volle Rückendeckung vom Aufsichtsrat erhalten. "Ich bin überzeugt, dass Vorstand und Aufsichtsrat von ThyssenKrupp das Unternehmen gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft führen können, wenn wir den kritischen, aber vertrauensvollen Dialog fortführen." Der seit zwei Jahren amtierende Hiesinger hat eine neue Führungskultur bei dem größten deutschen Stahlkonzern angekündigt. "Wir geben offen zu, vieles ist falsch gelaufen, vieles war nicht verhältnismäßig oder nicht mehr zeitgemäß."