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Auftakt mit Hindernissen

Christina Bergmann15. April 2003

Der Weg zur Demokratie im Irak könnte schwieriger werden als der Weg der Truppen nach Bagdad. Die Irak-Konferenz in Nassirijah ist nur ein erster Schritt: Verschiedene irakische Gruppen haben ihre Teilnahme abgesagt.

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Irakische Oppositionelle bei einer Konferenz in London 2002Bild: AP

Die Einladungen zu der ersten Irak-Konferenz in Nassirija hat der Oberkommandierende der US-Streitkräfte am Golf, General Tommy Franks, verschickt. Geleitet wird das Treffen ebenfalls von einem Amerikaner, dem Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad. Und der Leiter des Büros für den Wiederaufbau und die humanitäre Hilfe im Irak, Jay Garner wird erläutern, wie er und seine Truppe sich den Wiederaufbau im Irak vorstellen: Unter der Aufsicht von Amerikanern. Genau deswegen hat die größte schiitisch-irakische Oppositionsgruppe, die "Oberste Versammlung der Islamischen Revolution im Irak" (SAIRI), ihre Teilnahme an dem Treffen bereits abgesagt. Man wolle nicht von den USA oder sonst irgend jemand abhängig sein, hieß es.

Vertreter des Favoriten

Rund 60 Vertreter der verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen im Irak nehmen an dem Treffen teil, doch ein Sprecher der SAIRI sagte, viele andere Gruppen würden ebenfalls nicht oder nur in kleiner Besetzung erscheinen. Auch der Vorsitzende des irakischen Nationalkongresses, Ahmed Chalabi, wird nicht nach Nassirija kommen, sondern einen Vertreter schicken. Chalabi sagte dem US-Fernsehsender CNN, er wolle sich "darauf konzentrieren, die Zivilgesellschaft im Irak aufzubauen" und strebe kein Regierungsamt an. Obwohl Chalabi als Favorit der US-Regierung für ein solches Amt gehandelt wird, betont man offiziell in Washington, dass er keine besondere Unterstützung durch die USA genieße.

Und doch war es das US-Verteidigungsministerium, das am vorletzten Wochenende Chalabi und mehrere hundert seiner Anhänger in den Süd-Irak geflogen hat – ein logistischer Vorteil, den Chalabi zu nutzen weiß. Möglichst bald will der 58jährige sein Hauptquartier direkt in Bagdad aufschlagen. Chalabi hat sich bereits mehrmals zu Wort gemeldet – unter anderem hat er Jay Garner kritisiert. Dessen Leute, sagte er, hätten schon längst großflächig mit der humanitären Hilfe und dem Wiederaufbau der Infrastruktur beginnen müssen.

UN als Beobachter

Nach wie vor besteht die US-Regierung darauf, dass die Vereinten Nationen im Irak keine führende politische Rolle spielen sollen. Den Amerikanern gelingt es nur langsam, die chaotischen Zustände in vielen Teilen des Landes unter Kontrolle zu bringen. Es macht sich bemerkbar, dass die USA mit ihrer "Koalition der Willigen" diesen Krieg ohne Auftrag der Vereinten Nationen führen: Erst jetzt gibt es Verhandlungen über eine internationale Unterstützung etwa durch Polizeikräfte, Ärzte und Ingenieure.

Die UNO wird einen Beobachter nach Nassirija schicken, zur Entsendung eines Vertreters fehlt das entsprechende Mandat. Auch für die Gewährung von finanziellen Hilfen durch die Weltbank oder den internationalen Währungsfonds ist ein Sicherheitsratsbeschluss notwendig. Und während Diplomaten in New York versichern, dass das irakische Öl nur
dann weiter gefördert und verkauft werden könne, wenn das UN-Embargo aufgehoben wird, geht man im Weißen Haus davon aus, dass die USA sehr wohl mit Hilfe des "Öl für Lebensmittel"-Programms die irakischen Ölreserven für den Wiederaufbau auf den Markt bringen dürfen.

Beginn des Dialogs

Die US-Regierung wehrt sich gegen Kritik, auch an dem Irak-Treffen in Nassirija. US-Außenminister Colin Powell sagte, er glaube, dass "die meisten Oppositionsgruppen verstehen, dass wir auf diese bescheidene Weise einen Dialog beginnen müssen. Und deswegen gibt es bestimmt keine großen Bedenken,"so Powell, "dass dieses Treffen kein Ergebnis haben könnte." Es sei ein Treffen, das eine
Austauschmöglichkeit bieten solle für Iraker innerhalb und außerhalb Iraks.

Diesem ersten Treffen sollen weitere folgen und am Ende sollen sich die Beteiligten dann auf die Bildung einer irakischen Übergangsregierung einigen. Erst wenn diese eingerichtet ist, wird der pensionierte US-General Jay Garner seine Macht abgeben. Wie lange das dauern wird, ist ungewiss. Die Schätzungen reichen von wenigen Wochen bis zu einem Jahr.