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Porträt Renato Augusto

12. Januar 2012

Fast wäre er wegen eines Unfalls erblindet, jetzt spielt er in der Fußball-Bundesliga. Renato Augusto gibt im Leverkusener Mittelfeld den Ton an und ist ein Kandidat für die WM 2014 in Brasilien.

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Renato Augusto bejubelt einen Treffer (Foto: dapd)
Bild: dapd

In Brasilien vergleicht man Renato Soares de Oliveira Augusto bereits mit dem Weltfußballer Kaká, in Deutschland musste sich Renato Augusto erst mal eingewöhnen. Der hochtalentierte Offensivkünstler spielt seit 2008 für Bayer Leverkusen. Sein erst zweiter Verein in der jungen Fußballer-Karriere, die in Rio de Janeiro begann, seiner Heimatstadt. "Ich habe mich in Leverkusen sofort zu Hause gefühlt", berichtet Augusto. "Denn seit ich 13 Jahre alt war, habe ich immer in rot-schwarzen Trikots gespielt."

Heimspiel in Maracanã

Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro (Foto: AP)
In diesem Fußballtempel ist Augusto "zu Hause"Bild: AP

Rot-Schwarz waren die Farben seines Heimatvereins Flamengo Rio de Janeiro. Renato Augusto wurde in Rio als Einzelkind in gutbürgerlichen Verhältnissen geboren, absolvierte sein Abitur und legte den Grundstein für seine Karriere. Der Mittelfeldstratege kickte mit Flamengo regelmäßig im legendären Maracanã-Stadion und begeisterte Zehntausende Fans. Doch dann der Schock: Mit 19 Jahren brach er sich bei einem Zusammenprall den Wangenknochen – ein komplizierter Bruch, bei dem ein Knochensplitter nur knapp vor seinem Auge stecken blieb. Der schlimmste Moment seines Lebens, sagt er heute. "Weil ich nach der Operation zehn Tage mit verbundenen Augen verbringen musste, ohne zu wissen, ob ich jemals wieder würde sehen können. Auch meine Mutter ist durch eine sehr schwierige Zeit gegangen."

Die enge Bindung zu Familie und Freunden ist auch Bayer Leverkusen nicht entgangen. Und so durfte der verletzungsanfällige Brasilianer nach seiner Bein-Operation nach Hause fliegen. "Für mich war es sehr wichtig, in diesem schwierigen Moment bei meiner Familie und meinen Freunden zu sein und ich danke den Verantwortlichen von Bayer Leverkusen, weil sie mir dies ermöglicht haben. Ich bin froh, dass sie meine Sichtweise verstehen."

Scharfe Kritik vom Geschäftsführer

Immer wieder warfen den sensiblen Ballkünstler Verletzungen zurück. Momentan kuriert er eine Knie-Operation aus und hofft auf ein Comeback in der Rückrunde. Dann geht es schließlich in der Champions League gegen den FC Barcelona und außerdem will er es vor allem einem zeigen: Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Der Club-Boss hatte Augusto zuletzt nach dem Champions-League-Spiel gegen Genk als "Alibifußballer" bezeichnet. "Renato Augusto ist ein Spieler, der den Unterschied zu anderen Mannschaften ausmacht. Und ich erwarte nun mal ganz persönlich, dass gerade diese Spieler ihr Potenzial auch abrufen", machte Holzhäuser deutlich. "Und bei Renato Augusto war das in letzter Zeit nicht ganz so der Fall."

Deutliche und überharte Worte, die den begnadeten Fußballer schwer getroffen haben. Leverkusens Trainer Robin Dutt hielt sich danach mit Einzelkritik bewusst zurück und Teamkollege Gonzalo Castro lief nach einem erzielten Tor demonstrativ zum gescholtenen Kollegen. "Es ist für keinen Spieler schön, so etwas zu hören", machte Castro deutlich. "Außerdem denke ich, man müsste das generell unter vier Augen besprechen, wenn man jemanden kritisiert."

Traum von der WM in der Heimat

Renato Augusto und der Franzose Eric Abidal im Zweikampf während eines Länderspiels (Foto: picture-alliance)
Das Brasilien-Trikot will Augusto gern auch 2014 tragenBild: picture alliance / abaca

Augusto selbst wird kämpfen müssen. Denn während seiner Verletzung hat Michael Ballack den freien Platz im Mittelfeld besetzt. Doch nicht nur deshalb brennt der 23-jährige Brasilianer auf sein Comeback. 2010 gab er sein Debüt in der brasilianischen Nationalmannschaft und spielte unter anderem gegen Deutschland. Bei der Copa América, der Südamerikameisterschaft, war Augusto nicht nominiert, doch Brasiliens Nationalcoach Mano Menezes hält Augusto für ein "großes Talent" und "für einen Kandidaten für den Neuaufbau." 2014 findet die WM in Brasilien statt. Motivation pur. "Wie alle Brasilianer, die hier in Leverkusen gespielt haben, will ich natürlich auch in die Seleção kommen, also in die brasilianische Nationalmannschaft", schwärmt Augusto. "Besonders gern die WM in meiner Heimat, um dann in Rio und in den anderen Stadien anzutreten, in denen ich immer gespielt habe."

Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Zuvor will Augusto eine ähnlich schwierige Aufgabe angehen: Er hat schon vom Bayer-Fluch gehört, immer nur Zweiter zu werden. Den deutschen Meistertitel hat die Werkself noch nie gewonnen. "Aber das, was in der Geschichte eines Fußballes und eines Clubs in Erinnerung bleibt, sind Titel", weiß der wohl beste Fußballer im Leverkusener Kader. "Und ich hoffe, dass ich einen Titel nach Leverkusen holen kann, damit auch mein Name in der Geschichte des Clubs erhalten bleibt."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann