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Vom Trauma zum Traum?

Olivia Gerstenberger (mit sid, dpa)27. Dezember 2015

Die deutschen Skispringer haben seit langem wieder gute Chancen, die Vierschanzentournee zu gewinnen. Dennoch überlässt Bundestrainer Schuster nichts dem Zufall und setzt auch auf Psychotricks.

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Severin Freund (Foto: EPA/URS FLUEELER)
Severin Freund ist der deutsche Hoffnungsträger für die VierschanzentourneeBild: picture-alliance/dpa/U. Flueeler

Vier Schanzen, vier traditionelle Stationen, ein Traum: Der Gesamtsieg. 14 lange Jahre ist es her, dass ein Deutscher bei der Vierschanzentournee ganz oben auf dem Treppchen stand: Sven Hannawald gelang damals sogar das bis heute von niemandem wiederholte Kunststück, alle vier Einzelspringen zu gewinnen. Ganz so groß sind die deutschen Ambitionen bei dieser Ausgabe zwar nicht, jedoch geht die Auswahl von Bundestrainer Werner Schuster mit großem Optimismus in die 64. Vierschanzentournee. "Unser Saisonstart ist gelungen, und wir haben hier neben Severin mit Richard und Andi zwei weitere Springer auf Top-5-Niveau", sagte der Bundestrainer.

Die klare deutsche Nummer eins ist Skisprung-Weltmeister Severin Freund, der sich zuletzt ein leidenschaftliches Duell mit dem Weltcup-Spitzenreiter Peter Prevc lieferte. "Es wäre unglaublich schön, die Tournee zu gewinnen, und ich werde alles dafür tun. In den vergangenen Jahren haben wir nicht immer grandios ausgesehen, jetzt sind wir einen Schritt weiter", ist Freund überzeugt und sieht ebenfalls gute Chancen bei seinen Teamkollegen Richard Freitag und Andreas Wellinger. Freitag hatte im Vorjahr in Innsbruck für den ersten deutschen Tagessieg seit Dezember 2002 gesorgt, Wellinger 2013/14 Gesamtplatz fünf belegt. "Die Tournee war zuletzt für uns vielleicht nicht so erfolgreich", räumte Schuster ein. Die letzte deutsche Podestplatzierung gab es 2007/08 durch Michael Neumayer, danach lief es für die DSV-Adler eher bescheiden. "Wir wollen mal zur Halbzeit aus Garmisch wegfahren und die Chance haben, um den Sieg mitzuspringen. Bisher hatte sich das Ding zu diesem Zeitpunkt immer erledigt", erinnert sich Schuster.

Konkurrenz ist groß

Dabei ist die Liste der Favoriten wieder lang. Auch wenn die zuletzt sieben Mal in Folge siegreichen Österreicher in diesem Winter nicht so dominant sind, muss man Titelverteidiger Stefan Kraft im Blick haben. Spannend wird auch das Comeback des zuletzt fehlenden und formschwachen zweimaligen Tournee-Gewinners Gregor Schlierenzauer. Starke Leistungen lieferten die drei Newcomer Daniel-Andre Tande, Kenneth Gangnes und Johann Andre Forfang aus Norwegen ab. Und wie die vergangenen beiden Jahre gezeigt haben, kann es auch Überraschungssieger geben: Stefan Kraft und Thomas Diethart, der dieses Mal nicht dabei ist, waren jeweils ohne einen Weltcupsieg in die Tournee gegangen. Der erst 16-jährige Slowene Domen Prevc sorgte zuletzt für Aufsehen, als er sich hinter seinem großen Bruder Peter auf Platz zwei in Engelberg einreihte. Alles deutet jedoch auf einen Zweikampf zwischen Peter Prevc und Severin Freund hin. Prevc gewann zuletzt drei Weltcup-Siege in Folge, Freund zuvor zwei.

Einen Vorteil für seinen Dauer-Rivalen sieht Freund dadurch aber nicht. "Es macht keinen großen Unterschied, ob ich als Nummer eins oder zwei im Gesamt-Weltcup nach Oberstdorf reise", erklärte er. "Gerade der Tournee-Auftakt in Oberstdorf mit den vielen tausend Fans ist sehr emotional und löst auch nach vielen Starts immer wieder ein Gänsehaut-Gefühl aus. Ich freue mich sehr auf das erste Springen auf meiner Heimatschanze."

Sieger der vier Einzelwettbewerbe der Tournee Sven Hannawald (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)
Das waren noch erfolgreiche deutsche Zeiten: Sven Hannawald krönt sich zum Vierschanzen-KönigBild: Getty Images/Bongarts/M. Rose

Zweiter oder Dritter wäre Erfolg

Bundestrainer Schuster traut seinem Schützling einiges zu, Platz zwei oder drei wertet er aber ebenfalls als Erfolg. "Aber natürlich ist sein Ziel, die Tournee zu gewinnen. Er hat die Möglichkeit, ganz vorn zu landen." Der Trainer hat sich auf die Traditionstour mit den Springen in Oberstdorf (Dienstag/ Qualifikation am Montag), Garmisch-Patenkirchen (Freitag), Innsbruck (Sonntag) und Bischofshofen (6. Januar) akribisch vorbereitet und die Stationen bereits im Sommer bereist. "Wir haben die vier Schanzen innerhalb einer Woche gemacht, mit den gleichen Hotels. Das war ein hochinteressanter Kurs für die Jungs."

Die Simulation war nur eine von vielen kleinen Tricks. Der Kopf der Athleten soll frei sein, dazu will Schuster beitragen. Er weiß aber auch, dass es auf die Tagesform ankommt: "Man muss versuchen, den Sportler einzustellen. Aber wenn er wirklich gut drauf ist, kann er bei der Tournee auch viermal im Zelt übernachten und trotzdem weit runterspringen."

Das DSV-Aufgebot: Markus Eisenbichler, Severin Freund, Richard Freitag, Tim Fuchs, Karl Geiger, Marinus Kraus, Stephan Leyhe, Michael Neumayer, Pius Paschke, David Siegel, Andreas Wank, Andreas Wellinger, Paul Winter