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Aus für EU-Fischereiabkommen mit Marokko?

23. Mai 2010

Das EU-Fischereiabkommen mit Marokko ist teilweise völkerrechtswidrig, da es auch die Gewässer der Westsahara mit einschließt. Das geht aus einem Rechtsgutachten des EU-Parlaments hervor.

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Spanischer Fischer mit marokkanischer Flagge (Foto: dpa)
Von dem Abkommen profitieren vor allem spanische FischerBild: picture-alliance/dpa

Das neue Fischereiabkommen zwischen Marokko und der Europäischen Union ist am 28.02.2007 in Kraft getreten. Es hat eine Laufzeit von vier Jahren und wird, sofern es nicht verlängert wird, im Februar 2011 beendet. Das Abkommen ist die Grundlage dafür, dass Schiffe aus elf Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in den marokkanischen Hoheitsgewässern fischen dürfen.

Marokko bekommt eine finanzielle Gegenleistung in Höhe von 36,1 Millionen Euro pro Jahr. 13,15 Millionen Euro sind dabei als Unterstützung der Fischereipolitik in Marokko bestimmt und sollen die Nachhaltigkeit in den marokkanischen Gewässern fördern. Allerdings wird das Fischereiabkommen nun vom Europäischen Parlament kritisiert.

Ist das Abkommen rechtswidrig?

Fischerboote in Marokko (Foto: picture-alliance)
Fischerboote in Hafen von AgadirBild: picture-alliance/ZB

Der juristische Dienst des Europaparlaments hat das Fischen in den Gewässern der Westsahara durch europäische Schiffe für völkerrechtswidrig erklärt. Denn der Fischfang in der Westsahara findet weder in Konsultation mit der sahrauischen Bevölkerung statt noch erhalten die Menschen die Einnahmen aus der Verwertung ihrer eigenen reichen Fischbestände.

Marokko sieht die umstrittene Westsahara als einen Teil seines Territoriums an. Und hat bei den Verhandlungen über das Fischereiabkommen mit der EU darauf bestanden, auch die Gewässer der Westsahara mit einzubeziehen, sonst wäre das Abkommen nicht unterzeichnet worden.

Sahrauis sollen auch vom Abkommen profitieren

Viele Sahrauis sehen das Abkommen kritisch (Foto: Meike Scholz)
Viele Sahrauis sehen das Abkommen kritischBild: DW/Meike Scholz

Wie die Einnahmen aus dem Fischereiabkommen verwendet werden, sei auch mit der EU abgesprochen worden, erklärt Murad Al-Ghazali vom Agrar- und Fischerei-Ministerium in Marokko. Ein Teil des Geldes werde schließlich auch im Westsahara-Gebiet investiert. Als konkrete Beispiele nennt Al-Ghazali "die Errichtung des größten marokkanischen Hafens in Dakhla in der Westsahara, und auch der größte Fischmarkt in Marokko ist in Laayoun im Süden des Landes".

Aber auch Vertreter des sahrauischen Volkes betrachten das laufende EU-Fischereiabkommen mit Marokko als völkerrechtswidrig. Sie stützen sich dabei auf ein Rechtsgutachten des ehemaligen UN-Rechtsberaters Hans Corel. Nach seinen Aussagen darf ein nicht selbst regiertes Territorium nicht ausgebeutet werden, ohne dass dessen Bevölkerung davon profitiert. Für Hans Corel ist die Westsahara kein Landesteil von Marokko. Deshalb darf das Fischerei-Abkommen auch nicht die Gewässer der Westsahara-Region umfassen.

Auch die Aussage des zuständigen Fischerei-Ministeriums, Gelder aus dem EU-Fischereiabkommen würden in der Westsahara investiert, ist laut Axel Goldau von der internationalen Organisation "West-Sahara Ressource Watch", nur "eine Lüge". "Es wurde immer behauptet, dass Arbeitsplätze in der Westsahara geschaffen werden. Das ist auch richtig, nur sind das eben marokkanische Siedler, die vorzugsweise im Fischereisektor arbeiten", so Goldau.

Fischerei-Kommission verlangt spezifische Informationen

Fischerboote im Hafen des marokkanischen Essaouira (Foto: picture-alliance)
Fischerboote im Hafen des marokkanischen EssaouiraBild: picture-alliance/ZB

Die neue EU-Kommissarin für maritime Angelegenheiten und Fischerei will nun den Sachverhalt genau prüfen, um festzustellen, ob Marokko wirklich seine Verpflichtung – Teile der Einnahmen in die Westsahara zu investieren - erfüllt hat oder nicht. „Wir hatten vor einigen Wochen eine Sitzung, auch mit marokkanischen Autoritäten, und wir haben auf Grund der Informationen eine Reihe von Fragen entwickelt, auf die wir jetzt auch Antworten haben wollen und auch spezifische Information von der marokkanischen Regierung", sagt ihr Pressesprecher Oliver Drewes.

Gespräche über die mögliche Verlängerung des Abkommens sollen schon in kurzer Zeit beginnen. Im August dieses Jahres muss das Europa-Parlament einer Verlängerung zustimmen. Um den Druck auf die EU-Kommissarin zu verstärken, hat West-Sahara Ressource Watch eine Online-Petition gestartet. Darin fordert sie die EU auf, ihre Fischereipolitik in der Westsahara zu stoppen, und die Gewässer der Region aus einer möglichen Verlängerung des Abkommens herauszunehmen.

Marokko lässt sich nicht unter Druck setzen

Marokko betrachtet solche Aktionen als einen zum Scheitern verurteilten Versuch, Druck auf das Land auszuüben. Gerade weil Marokko im Vergleich zu anderen Maghreb-Staaten immer mehr Bedeutung in der EU genießt und als wichtiger strategischer Partner der EU angesehen wird. Marokko will um keinen Preis auf einen Teil seines selbsterklärten Territoriums verzichten und wird sich von niemandem erpressen lassen, um das Abkommen zu verlängern. Schwierige Ausgangslage also für die EU-Kommissarin.

119 Schiffe aus der EU dürfen nach dem Fischerei-Abkommen in marokkanischen Gewässern fischen. Die meisten von ihnen kommen aus Südspanien. Eine Auflösung des Abkommens könnte zu einer Massenarbeitslosigkeit in Südspanien führen. Das würde das Land, das durch die Finanzkrise bereits angeschlagen ist, besonders hart treffen.

Autor: Hicham Driouich

Redaktion: Katrin Ogunsade