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Aus Liebe, Respekt und Dankbarkeit

Udo Bauer10. Juli 2003

Der Kanadier Peter Jennings ist einer der bekanntesten und beliebtesten Fernsehjournalisten in den USA. Nach über 40 Jahren beim Sender ABC hat er jetzt die amerikanische Staatsangehörigkeit angenommen.

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Der Moderator einer Nachrichtensendung im US-Fernsehen wird "Anchorman" genannt, und das kommt nicht von ungefähr: Er verankert "seine" Sendung im Publikum mit Persönlichkeit und professioneller journalistischer Coolness. Peter Jennings ist der Prototyp eines Anchorman: Er sieht gut aus trotz seiner 64 Jahre, er ist ein abgebrühter, mit allen Wassern gewaschener Reporter, ein Fels in der Brandung des hektischen News-Geschäfts, kurzum: ein glaubwürdiger Vertreter des Journalismus.

Und selbst wenn ganz Amerika, einschließlich vieler Fernsehmoderatoren, auf einer Welle des Patriotismus schwimmt, dann lässt sich Jennings nicht mitreissen, sondern wahrt Distanz. Vielleicht gelang ihm das immer so gut, weil er eben kein US-Bürger war.

Entschärfter Amerikaner

Als junger Reporter hatte er Toronto und Ottawa den Rücken gekehrt und sein Glück beim südlichen Nachbarn versucht und prompt Karriere gemacht. Viele talentierte Kanadier – man könnte auch sagen: entschärfte Amerikaner - haben es ihm nachgemacht: Mike Myers, Michael J. Fox, Jim Carrey, Neil Young, Brian Adams, Shania Twain, Alanis Morissette und nicht zuletzt Pamela Anderson. Amerikaner lieben ihre kanadischen Nachbarn, weil sie fast so leben und sprechen wie sie selber, wenn man von den "Froggy-Kanadiern" aus Quebec absieht.

Tiefe Verbundenheit

Jetzt hat es also Peter Jennings erwischt. Ende Mai hat er den Eid auf die Verfassung der Vereinigten Staaten geschworen. Wie jeder andere Bewerber musste er alle seine Auslandsreisen in den letzten fünf Jahren dokumentieren, jede Menge Papierkram ausfüllen und für einen Test büffeln, den er – überflüssig zu erwähnen – mit Bravour bestand. Jennings wollte seinen neuen Pass nicht an die große Glocke hängen, heraus kam es trotzdem. Und die amerikanische Presse wollte natürlich wissen: Warum? Er wolle ja nicht kitschig klingen, so Jennings, "aber aus Liebe, Respekt und Dankbarkeit." Die Idee, US-Bürger zu werden, sei ihm erstmals in den Monaten nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 gekommen, gab Jennings zu Protokoll, in dieser Zeit habe er eine tiefe Verbundenheit zu diesem Land entwickelt. Und jetzt, als neuer Amerikaner, sei er in einer besseren Position um "sein" Land zuhause zu kritisieren und im Ausland zu verteidigen.

Druck weggenommen

Man kann Peter Jennings diese Begründung glauben. Er hat keinen Grund sich den Amerikanern in den letzten Jahren seiner Karriere noch anzudienen. Aber sicherlich hat er sich durch diesen Schritt selbst auch Druck von den Schultern genommen. Denn sein kanadischer Pass wurde in der Vergangenheit immer dann zum Thema, wenn er in die öffentliche Kritik geriet. Zuletzt am amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli, als er entschied den Countrysänger Toby Keith nicht in seine Sondersendung einzuladen. Keith ist zur Zeit ungeheuer populär im Land durch sein superpatriotisches Soldatenlied "Courtesy of the Red, White and Blue". In diesem Lied heisst es sinngemäß an einer Stelle: "Wer sich mit Amerika anlegt, dem treten wir unseren Stiefel in den Arsch…"

Das war dem feingeistigen Kanadier dann wohl doch etwas zu niveaulos. Übrigens: Einen Fluchtweg hat sich Peter Jennings offen gelassen, falls ihm Amerika irgendwann zu cowboyish wird: Seine kanadische Staatsangehörigkeit durfte er behalten.