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Aus schäbig wird schick

Jens Thurau, Halle16. August 2014

Die Jungen ziehen weg, Jobs sind rar, die Innenbezirke zerfallen: Ostdeutschlands Städte haben immer noch große Probleme. Dass man dagegen etwas tun kann, zeigt das Beispiel Halle-Glaucha.

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Kunst in Halle Glaucha: Ein Tisch und ein Stuhl hängen an einer Hauswand (Foto: Thomas Koehler/Photothek)
Bild: Thomas Koehler/photothek/BMUB

Glaucha galt bislang als Problembezirk. Der Stadtteil von Halle (Saale) im Süden von Sachsen-Anhalt ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit und vom Zerfall der Gründerzeithäuser - bis jetzt. Denn in den vergangenen Jahren hat sich Einiges zum Besseren geändert: durch Mittel der Städtebauförderung mit dem Projekt "Soziale Stadt" - und durch viel Eigeninitiative.

Halles alte Häuser aus der Gründerzeit sind oft noch in einem schlimmen Zustand. Den Krieg hatten sie weitgehend überstanden, in der DDR aber zerfielen sie, und nach der Wende hatten die zumeist privaten Eigentümer wenig Chancen, die Häuser mit Aussicht auf Profit zu sanieren. Halle verlor nach der Wende 100.000 Einwohner, der Leerstand war hoch.

Eigeninitiative sorgt für höhere Attraktivität

Im Stadtteil Glaucha leben 4000 Menschen, 60 Prozent der Häuser sind im privaten Besitz. Hier lebten lange Jahre vor allem ältere Leute und Migranten, viele Häuser standen ganz leer. Dann beschlossen engagierte Bürger, etwas an dieser Situation zu ändern: Seitdem sind 27 Häuer mit staatlichen Zuschüssen saniert worden, der Stadtteil wurde wieder attraktiver. Inzwischen wurden weitere 17 Häuser renoviert - ohne Subventionen. Jetzt ziehen auch wieder junge Familien mit Kindern hierher.

Ulrich Hatzfeld (Foto: Christoph Rau/Schader-Stiftung)
Ulrich Hatzfeld: "Eigendynamik in Gang"Bild: Christoph Rau/Schader-Stiftung

Die Bundesregierung unterstützt Stadtteilsanierungen wie in Glaucha. Von 40 auf 150 Millionen Euro sind die Bundesmittel für das Programm "Soziale Stadt" zuletzt erhöht worden. Insgesamt gibt es deutschlandweit 580 solcher Projekte. Und sie folgen dem Quartiers-Prinzip, das Ulrich Hatzfeld vom Bundesbauministerium so umschreibt: "Wir verbessern zunächst das Umfeld, überzeugen Eigentümer, dass es sich lohnt zu investieren, klären sie auf. Dann hoffen wir darauf, dass das Projekt eine Eigendynamik in Gang setzt. In Glaucha hat das funktioniert."

Kleines Städtebauwunder

Gernot Lindemann erläutert, wie das kleine Städtebauwunder in Glaucha funktioniert: Lindemann ist von der Stadt als Moderator eingesetzt worden. Erst einmal fand er heraus, wem die Häuser gehörten und sprach die Besitzer direkt an. Wen er nicht motivieren konnte, zu investieren, dem riet er zum Verkauf und suchte nach Investoren.

Leerstehende Häuser in Glaucha im Jahr 2010 (Foto: Gernot Lindemann)
Straße mit leerstehenden Häusern in Glaucha (2010): Verfallene Bürgersteige, kaum GrünBild: Gernot Lindemann/Ausschnitt

Auch Künstler wurden gefördert. Darunter auch Fotografen, die Bürger Glauchas in ihrem Stadtviertel aufnahmen und großformatige Abzüge in den Straßen aufstellten. Auf diese Weise machte Glaucha endlich mal wieder positiv von sich reden. Die ersten Eigentümer investierten, andere folgten.

"Wir brauchen mehr Kitas und mehr Bäume!"

Was noch zu wünschen übrig lässt, ist das Straßenbild. Glauchas Bürgersteige sind oft alt und verfallen, die Straßen auch, es gibt kaum Grün. Aber die Sanierungsoffensive - so hofft Moderator Gernot Lindemann - kann helfen, auch auf diesem Gebiet Verbesserungen herbeizuführen. "Bevor wir aktiv wurden, betrug der Leerstand hier 30 Prozent, nun sind es nur noch acht. Aber jetzt brauchen wir mehr Kitas und mehr Bäume!"

Bleibt eine Sorge: Werden langjährige Einwohner Glauchas verdrängt, wenn die Gründerzeithäuser im neuen Glanz erstrahlen? "Noch nicht", versichern die Initiatoren der Sanierung, bislang sei nur der Leerstand verringert worden. Und die Stadt verspricht, weiterhin für bezahlbare Mieten in Glaucha zu sorgen. Hoffentlich hält sie Wort.