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"Aus technischer Sicht gibt es keine offenen Probleme mehr"

19. Oktober 2006

Vor dem EU-Beitritt muss Rumänien noch an der Justizreform arbeiten. Umgesetzt wird dies von Ressortchefin Monica Macovei. In Berlin sprach die Ministerin mit DW-RADIO.

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Monica MacoveiBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

DW-RADIO/Rumänisch: Frau Minister, Sie haben in Berlin mit den Mitgliedern des Europa-Ausschusses des Deutschen Bundestags und anschließend mit Ihrer deutschen Amtskollegin Brigitte Zypries gesprochen. Zwischen den Justizministerien Deutschlands und Rumäniens gibt es mindestens eine bedeutenden Ähnlichkeit: Beide Ressorts werden von Frauen geleitet. Gibt es auch andere Ähnlichkeiten, die aus einer engen bilateralen Kooperation entstanden sind?

Monica Macovei: Das deutsche Justizministerium befindet sich nicht inmitten eines grundlegenden Reformprozesses, wie es bei uns der Fall ist. Deshalb ist es verfrüht, über Ähnlichkeiten zu sprechen. Aber es gibt eine tatsächlich sehr rege Kooperation, und das ist sehr wichtig für uns, zum Beispiel im Bereich der neuen Strafgerichtsordnung, im Gerichtsmanagement. Im Rahmen einer internationalen Kooperation arbeiten wir zusammen im Bereich Straf- und Zivilgesetz. Wir werden auf jeden Fall auch weiterhin deutsche Beratung bei der Erarbeitung der neuen Zivilprozessordnung dankbar in Anspruch nehmen – wir betrachten dabei das deutsche System als Grundlage.

Kann die Reform der rumänischen Justiz beispielhaft für andere Staaten – auch innerhalb der EU - sein? Ich denke da zum Beispiel an die Offenlegung der Einkünfte zum Beispiel.

Ich glaube, das wäre zu hoch gegriffen. Noch sind wir in dem Stadium, in dem wir bewundernd feststellen, wie die Justiz – z. B. in Deutschland – funktioniert. Diesen Stand wollen wir natürlich auch erreichen. Wenn Sie allerdings die Offenlegung der Einkünfte für rumänische Politiker und Beamte im öffentlichen Dienst ansprechen – ja, damit ist Rumänien in eine Vorreiter-Rolle gerückt. Die abzugebenden Erklärungen der betreffenden Personen sind sehr detailliert, über ihre Einkünfte und ihren Besitz, über einen möglichen Interessens-Konflikt, wenn die Person mehrere Ämter bekleidet. Rumänien hatte diese Art der Aufdeckung sehr nötig, weil die Korruption, vor allem in Politik und Verwaltung, sehr hoch war, viel höher als in Deutschland oder anderen EU-Staaten. Deshalb haben wir eine viel stärkere Transparenz des öffentlichen Amtes gebraucht.

Welche Probleme der rumänischen Justiz sind noch offen bis zum EU-Beitritt zum 1. Januar 2007?

Aus technischer Sicht gibt es keine offenen Probleme mehr. Wir verfolgen sowohl vor als auch nach dem Beitritt unsere "Road-Map" zur Umsetzung der Reformen. Im März 2005 haben wir ein Regierungsprogramm verabschiedet, einen sehr genauen Plan für die Justizreform und die Korruptionsbekämpfung. Zur Reform gehört z. B. auch ein erneuertes Programm für kostenlosen Rechtsbeistand für die sozial Schwachen in unserer Gesellschaft oder eine Restrukturierung, eine Verschlankung des Justizapparats. Im Bereich Korruptionsbekämpfung haben wir die Nationale Antikorruptions-Behörde ins Leben gerufen, die sehr gut funktioniert – das bescheinigt uns auch die Europäische Kommission. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Behörde - wie bisher - unabhängig arbeitet, ohne einem eventuellen politischen Druck ausgesetzt zu werden. Außerdem warten wir auf die parlamentarische Verabschiedung der so genannten "Integritäts-Agentur" – eine Institution, durch die die Offenlegung der Einkünfte koordiniert werden soll.

Frau Minister, an diesem Freitag, dem 20. Oktober, will der rumänische Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu den Namen des neuen rumänischen EU-Kommissars bekannt geben. Nicht nur in Bukarest, sondern auch in Brüssel wurden Sie zu den Favoriten für dieses Amt gezählt. Rechnen Sie eigentlich mit dem Kommissarsposten?

Nein, damit rechne ich nicht. Die Nominierung ist Sache des Ministerpräsidenten, und er hat mich nie gefragt, ob ich diesen Posten möchte oder nicht, er hat mit mir nie darüber gesprochen.

Und wünschen Sie sich diesen Posten?

Einen solchen Posten kann man nicht ausschlagen, das ist klar. Aber ich wünsche mir auch sehr, die Reformen in Rumänien zu einem guten Ende zu bringen und mich weiterhin einzusetzen für die Unabhängigkeit der Justiz, für die Fortsetzung der Korruptionsbekämpfung. Es ist sehr wichtig, jegliche politische Einmischung von Anfang an zu blockieren. Darin sehe ich meine wichtigste Aufgabe.

Das Interview führte Robert Schwartz
DW-RADIO/Rumänisch, 18.10.2006, Fokus Ost-Südost