1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Aus Zwei mach Eins

24. Juli 2009

VW und Porsche sind jetzt ein Konzern. Einer der Drahtzieher des Mega-Deals war Niedersachsens Ministerpräsident, Christian Wulff. Ein Politiker mit zwei Gesichtern, die er geschickt nutzt, für ein großes Ziel.

https://p.dw.com/p/IwzR
Bild: DW

Christian Wulff ist ein deutscher Politiker. Das muss man erklären, denn selbst in Deutschland kennen ihn 20 Prozent der Menschen nicht. Dabei ist er Ministerpräsident von Niedersachsen, was ein – zugegebenermaßen - etwas unscheinbares Bundesland im Norden der Republik ist, aber immerhin. Das nicht mehr Menschen Christian Wulff kennen liegt auch daran, dass er meist bescheiden auftritt. Er ist so was, wie ein lieber Onkel der deutschen Politik. Wenn er vor die Presse tritt, grinst er meistens freundlich wie ein Honigkuchenpferd. Der unbedingte Wille zur Macht fehle ihm, hat Wulff mal vor einem Jahr gesagt. Und dass er kein Alphatier sei wie die Kanzlerin, Angela Merkel. Bundeskanzler, nein, das traue er sich gar nicht zu. In der Weltstadt Berlin warte ohnehin niemand auf ihn. In Hannover, der niedersächsischen Landeshauptstadt, da hat er sein Zuhause und seine liebe, junge Frau. So könnte die Geschichte vom zufriedenen Provinzfürsten also ganz unspektakulär enden...

Testosteron aus allen Poren

Christian Wulff ist ein deutscher Politiker. Er ist Ministerpräsident von Niedersachsen, was ein - zugegebenermaßen - etwas unscheinbares Bundesland im Norden der Republik ist, wo aber VW, der drittgrößte Autokonzern der Welt, zu Hause ist. Und Niedersachsen besitzt 20 Prozent von Volkswagen. Und jetzt auch noch von Porsche. Und Niedersachsen hat das machtvolle Recht, alle wichtigen Entscheidungen mit einem Veto zu blockieren. Wulff ist als Ministerpräsident auch Aufsichtsratsmitglied von VW-Porsche. Und ein knallharter Machtpolitiker. Die Übernahme von Porsche hat er jetzt maßgeblich mit eingefädelt - und dabei auf Parteifreundschaften keine Rücksicht genommen. Als er kurz nach dem erfolgreichen Übernahme-Coup vor die Presse tritt, dampft ihm das Testosteron aus allen Poren. Wulff hat dazu an vielen Fronten gekämpft. Er hat in Süddeutschland die Porsche-Eigentümer bearbeitet, in Berlin die Kanzlerin auf seine Seite gebracht und in Brüssel Sonderrechte für VW verteidigt. Seine Provinzhauptstadt Hannover ist ihm auf Dauer eben etwas zu klein geworden. Das Ende dieser Geschichte vom zweiten Gesicht des Christian Wulff ist noch offen...

Angela Merkel ist eine deutsche Bundeskanzlerin. Sie ist weltbekannt. Sie hat es aus der nordostdeutschen Provinz in die deutsche Hauptstadt geschafft. Dass sie erfolgreich ist liegt auch daran, dass sie so bescheiden auftreten kann. Wenn sie vor die Presse tritt, kann sie lächeln wie ein Schulmädchen. Aber der unbedingte Wille zur Macht fehlt ihr nicht. Sie ist ein Alphatier, dass alles wegbeißt, was sich ihr in den Weg stellt. Sie hat längst gelernt, dass man auf dem Weg an die Macht zwei Gesichter braucht: ein unschuldiges, damit die Wähler einen wählen und ein kaltes, damit die Gegner einen fürchten. Mit letzterem hat Merkel im Jahr 2000 den Vorsitz der christdemokratischen Partei erkämpft, gegen alle anderen Alphatiere in ihrer Partei. Das war ein meisterlicher Übernahme-Coup, so wie jetzt der von Wulff und VW.

Spaß an der Macht

Angela Merkel und Christian Wulff haben als Politiker viel gemein: beide haben Spaß an der Macht, beide nutzen ihre Macht und beide haben Geduld auf dem Weg, Macht zu erlangen. Und so könnte, irgendwann in der Zukunft, Christian Wulff durchaus Deutschlands bekanntester Politiker sein. Und mit seiner lieben Frau im Kanzleramt wohnen. Ein märchenhaftes Ende wäre das. Ein wohlkalkuliertes.

Autor: Hans Pfeifer

Redaktion: Oliver Samson