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Ausbruch aus der Isolation

Peter Philipp8. Januar 2004

Als erster Staatschef Syriens hat Bashar el Assad den Nachbarn Türkei besucht. Assad versucht so, das von US-Präsident Bush als "Schurken-Staat" bezeichnete Syrien aus der Isolation zu führen. Peter Philipp kommentiert.

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Als Bashar el Assad vor dreieinhalb Jahren die Nachfolge seines verstorbenen Vaters, Präsident Hafez el Assad, antrat, da waren so manche skeptisch. Man fragte sich, ob es dem jungen Arzt - der eigentlich nie in die aktive Politik hatte gehen wollen - gelingen würde, Syrien ruhig zu halten und das Land gleichzeitig Reformen zu unterziehen, die längst überfällig waren.

Ein Teil der Veränderungen blieb denn auch aus und nur ein kleinerer Teil wurde umgesetzt. Und Bashar el Assad enttäuschte so manche Syrer, die dennoch gehofft hatten, dass nun ein neuer Wind wehen würde.

Schuld an der Isolation

Schuld daran waren nicht nur die "Betonköpfe" aus der Zeit des Vaters, die weiterhin in Damaskus das Sagen hatten. Schuld daran waren auch regionale und überregionale Entwicklungen: Die langfristigen Auswirkungen des Wegfalls der Sowjetunion, Syriens einstigem engen Verbündeten, die anhaltend explosive Lage im Libanon, Spannungen mit Israel, der israelisch-palästinensische Konflikt, der 11. September und natürlich der Irakkrieg.

Diese Probleme ließen Syrien nicht aus der Isolation herauskommen, in der es in der dreißigjährigen Herrschaft von Hafez el Assad gelebt hatte. Der Sohn scheint nun entschlossen, diesen Zustand zu beenden - und er hat mit seinem historischen Besuch in der Türkei einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Zumal gegenüber einem Land, zu dem die Beziehungen Syriens in den letzten Jahren alles andere als entspannt waren: Wegen grenzüberschreitender Aktionen von Kurden war es vor einigen Jahren fast zum Krieg zwischen beiden gekommen, und auch die enge Zusammenarbeit Ankaras mit Jerusalem war Damaskus immer schon ein Dorn im Auge.

Gemeinsame Sorgen vereinen

Wenn man sich jetzt dennoch so gut verstand in Ankara, dann sicher, weil es zwischen beiden Ländern auch zunehmend Gemeinsamkeiten gibt. Etwa die Sorge um die künftigen Entwicklungen im Irak, besonders im kurdischen Norden. Sollten die Kurden dort zuviel Eigenständigkeit zugestanden bekommen, dann müssten Syrien und die Türkei damit rechnen, dass dies Auswirkungen auf ihre eigenen kurdischen Minderheiten haben würde. Beide sind deswegen vehement gegen jede Ausweitung der bisherigen begrenzten Selbständigkeit der irakischen Kurden.

Ein weiteres Thema bleibt Israel: Assads Versuche, die Türkei auf Distanz zum jüdischen Staat zu bringen, dürften wenig Erfolg haben. Stattdessen hat der syrische Präsident in letzter Zeit wissen lassen, dass er an einer Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Israel interessiert sei. Und die Türkei soll sich als Vermittler angeboten haben.

Teil einer Strategie

Solch ein Schritt, gekoppelt mit der Versicherung Syriens, keine Massenvernichtungswaffen zu besitzen oder anzustreben, ist auch ein eindeutiges Signal an die Adresse der USA, die Syrien weiterhin als "Schurkenstaat" verstehen.

Und er ist Teil einer Strategie, die sich immer deutlicher abzeichnet, seitdem Iran und Libyen sich von ihren Atomwaffen-Programmen verabschiedet haben. Wenn jetzt auch noch Syrien mitmacht, dann wird sich das Augenmerk immer mehr auf Israel richten, den einzigen Staat der Region, der den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat - und der seit vielen Jahren über Atomwaffen verfügt.