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Ausgangsposition ungünstig

Peter Philipp29. Mai 2002

Auch FDP-Chef Guido Westerwelle bereist weiterhin den Nahen Osten: Nach Israel steht Ägypten auf das Programm. Die Reise wird von der andauernden Debatte über den Kurs der FDP überschattet. Peter Philipp kommentiert.

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Die Formel, die FDP-Chef Guido Westerwelle in den Nahen Osten mitbrachte, war recht einfach: Die FDP stehe für das Existenzrecht Israels ein, sie befürworte aber auch die Gründung eines palästinensischen Staates.

Dieser Spruch – vorgetragen gleichermaßen bei Israelis wie Palästinensern – wäre in der Zeit nach dem Oslo-Abkommen sicher von beiden Seiten freundlich quittiert worden. Als man nämlich noch miteinander sprach und verhandelte, als der Frieden vor der Tür zu stehen schien. Oslo aber ist fern und angesichts der alltäglichen Gewalt vergessen. Auch sind noch ganz andere Politiker mit mehr Einfluss und Gewicht erfolglos geblieben mit ihren Appellen an Vernunft und Umkehr. Sodass kaum jemand überrascht sein dürfte, dass Westerwelle keinen großen Eindruck hinterlassen hat.

Dies darf man dem FDP-Chef freilich nicht unbedingt persönlich anlasten. Denn er war ja nicht in den Nahen Osten gereist, um zu vermitteln und zu reüssieren, wo andere gescheitert sind. Westerwelle machte seinen politischen Antrittsbesuch im Ausland und das nun einmal in Israel. Das er der Ausgewogenheit halber natürlich nicht alleine besuchen konnte.

Aber das mit der Ausgewogenheit war das nächste Problem: Ein führender Politiker der Partei, die wohl die längste Zeit in Nachkriegsdeutschland den Außenminister gestellt hat, kam zum erstenmal nach Israel, während daheim eine heftige Debatte über Äußerungen des FDP-Politikers Jürgen Möllemann im Gange ist: Dieser hat mehr als Verständnis für Selbstmordanschläge in Israel gezeigt, hat die Regierung Scharon verurteilt, sich mit führenden Vertretern des Zentralrates der Juden in Deutschland angelegt und dazu beigetragen, dass die deutschen Liberalen sich heute mit der FPÖ Jörg Haiders vergleichen lassen müssen.

Eine denkbar ungünstige Ausgangsposition für einen Besuch in Israel, bei dem Westerwelle ja eigentlich bekräftigen wollte, dass seine Partei in der Tradition verantwortungsbewusster Beziehungen zum jüdischen Staat stehe. Natürlich hat er das Besuchsprogramm eines wichtigen politischen Gastes absolviert – bis hin zur Visite bei Scharon. Diesem wird er wohl kaum die Kritik Möllemanns vermittelt haben. Wie er auch nicht hätte erklären können, warum er an diesem Polit-Provokateur festhält.

Nicht der Empfang bei Scharon hätte Westerwelle aber stutzig machen sollen. Sondern die Weigerung des linksliberalen Oppositionsführers Yossi Sarid, sich mit dem deutschen Liberalen zu treffen: Unverständnis für die Vorgänge um Möllemann dürfte in Israel viel eher bei denen zu finden sein, die für sich längst beschlossen hatten, dass es ein "neues Deutschland" gibt und dass man mit diesem vernünftige Beziehungen unterhalten sollte. Diese Menschen – auf die es uns in Deutschland durchaus ankommen sollte – sind enttäuscht und verunsichert durch die Berichte über Möllemann.

Westerwelle kann solche Enttäuschung aber nicht durch ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels zerstreuen, sondern nur durch Taten. Durch ein entschlossenes Eingreifen und eine Beendigung des "Falles Möllemann", der längst schon ein "Fall FDP" geworden ist.