1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Peking geht gegen ausländische Journalisten vor

6. März 2011

Chinesische Sicherheitskräfte haben am Sonntag erneut ausländische Journalisten festgenommen. Bundesaußenminister Westerwelle bezeichnet das Vorgehen der chinesischen Regierung als "nicht akzeptabel".

https://p.dw.com/p/10UFW
Chinesische Polizisten kontrollieren einen ausländischen Kameramann in der Pekinger Wangfujing-Straße (Foto: AP)
Bild: dapd

Allein in Peking und Shanghai sind nach Angaben ausländischer Korrespondenten am Sonntag (06.03.2011) mindestens zehn ausländische Journalisten vorübergehend festgenommen worden. Zu ihnen gehörte auch der China-Korrespondent des Magazins "Stern", Janis Vougioukas. Der nach drei Stunden wieder freigelassen wurde. Er hatte über eine geplante Demonstration am "Peace Cinema" in Shanghai berichten wollen.

Auch in der Hauptstadt Peking marschierte wieder ein massives Aufgebot der Sicherheitskräfte auf, nachdem es im Internet erneut Aufrufe zu Protesten am Sonntag gab. Ausländischen Journalisten, die über die in den beiden großen Einkaufsstraßen Wangfujing und Xidan geplanten Proteste berichten wollten, wurde mitgeteilt, sie müssten sich künftig jegliche Recherche im Stadtzentrum vorab genehmigen lassen. Dazu sagte der Vizedirektor der städtischen Behörde für Auswärtige Angelegenheiten, Li Honghai, mit dieser Anordnung werde ein Erlass des chinesischen Staatsrates aus dem Jahr 2008 präzisiert.

Westerwelle protestiert

Nach den Worten von Bundesaußenminister Guido Westerwelle sind die Vorgänge um die ausländischen Medienvertreter in China "sehr beunruhigend". Das Vorgehen der chinesischen Regierung sei "nicht akzeptabel", sagte Westerwelle am Sonntag in Berlin. Er appellierte an die Führung in Peking, die freie Berichterstattung sicherzustellen.

Bundesaußenminister und FDP-Bundesvorsitzender Guido Westerwelle (Foto: dapd)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP)Bild: dapd

In der Wangfujing-Straße waren ausländische Medienvertreter bereits am vergangenen Sonntag massiv von uniformierten Polizisten und Sicherheitskräften in Zivil behindert worden.

Unter den vorübergehend Festgenommenen befanden sich auch deutsche Korrespondenten. Am Mittwoch waren die ausländischen Korrespondenten dann zu Einzelgesprächen von der Ausländerpolizei vorgeladen worden. Dabei wurde damit gedroht, den Journalisten die Arbeitserlaubnis zu entziehen, falls sie nicht vor jeder Berichterstattung eine spezielle Erlaubnis der örtlichen Verwaltung einholen.

Damit sind offenbar die Vorschriften, die in China erst im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2008 liberalisiert worden waren, wieder zurückgenommen worden.

Im Internet hatten Unbekannte für diesen Sonntag bereits zum dritten mal in Folge zu Protesten nach dem Vorbild der arabischen "Jasmin-Revolution" aufgerufen. Während am vergangenen Sonntag in Peking keine Demonstranten auf der Wangfujing-Straße gesehen wurden, sollen sich an diesem Sonntag rund 80 Demonstranten in Shanghai versammelt haben. Die regierungskritische Webseite "Boxun" kündigte Proteste in mehr als 20 Städten an.

Logo der Jasminrevolution
Logo der Jasminrevolution in China

Soziale Probleme in China

Chinas Premier Wen Jiabao (Foto: dapd)
Chinas Premier Wen JiabaoBild: AP

In Peking sind derzeit rund 740.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, berichtet die zweitgrößte Nachrichtenagentur des Landes, China News Service. Seit Samstag tagt in Peking der Nationale Volkskongress. Das Gebäude des Nationalen Volkskongresses am Tiananmen-Platz ist weiträumig abgesperrt. Die beiden Einkaufsmeilen Xidan und Wangfujing befinden sich in der Nachbarschaft westlich beziehungsweise östlich des Platzes.

Die rund 3.000 Delegierte des Volkskongresses sollen unter anderem den nächsten Fünfjahresplan Chinas verabschieden. Zur Eröffnung des Volkskongresses hatte Premierminister Wen Jiabao erklärt, die Regierung werde alles daran setzen, die steigende Inflation zu bekämpfen. Zur Not werde man auf das Instrument der staatlichen Preiskontrollen zurückzugreifen. Zudem kündigte er einen Ausbau des Sozialsystems und höhere Durchschnitts- und Mindestlöhne an. Steigende Lebenshaltungskosten schüren seit Monaten Unmut in der Bevölkerung. Die Inflationsrate in China lag im Januar bei 4,9 Prozent.

Autor: Hartmut Lüning
Redaktion: Herbert Peckmann