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Auslöser der niederländischen Regierungskrise

Von Klaus Dahmann18. April 2002

- Srebrenica-Bericht des Instituts für Kriegsdokumentation

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Köln, 17.4.2002, DW-radio

Am Dienstag (16.4.) ist die niederländische Regierung zurückgetreten - und zog damit Konsequenzen aus dem Bericht über den Fall Srebrenicas im Jahre 1995, der in der vergangenen Woche vorgestellt worden war.

Verzweifelte Frauen und Kinder, die von serbischen Soldaten in Busse verladen werden; verstört blickende Männer hinter Stacheldraht; und all das unter den Augen niederländischer Blauhelme, die eigentlich die Enklave Srebrenica schützen sollten, aber nichts gegen den Einmarsch der Serben unternahmen; später Gerüchte, dass Tausende bosnischer Muslime umgebracht und in Massengräbern verscharrt worden seien, Gerüchte, die nach und nach bestätigt wurden. Die Nachrichten und Fernsehbilder, die im Juli 1995 aus der UN-Enklave an die Öffentlichkeit gelangten, lösten weltweit heftige Diskussionen aus: Wer war für die Untätigkeit der Blauhelm-Truppen verantwortlich?

In den Niederlanden geriet die Regierung in den folgenden Wochen und Monaten so stark unter Druck, dass das Parlament beschloss, die Vorgänge in der ostbosnischen Stadt zu klären: Mehrere Untersuchungsausschüsse wurden gebildet, deren Ergebnisse aber umstritten blieben. Im November 1996 wurde schließlich das Niederländische Institut für Kriegsdokumentation beauftragt, einen Bericht über "die Ereignisse vor, während und nach dem Fall Srebrenicas" zu erstellen. Eine Historiker-Kommission wurde gebildet unter dem Vorsitz des Institutsleiters Hans Blom. Die Regierung sagte der Kommission volle Zusammenarbeit zu und öffnete alle eigenen Quellen.

Schon während der über fünf Jahre dauernden Untersuchung sickerten immer wieder Details durch. Und so waren einige Punkte aus dem Srebrenica-Bericht bekannt, bevor er am 10. April in Den Haag öffentlich präsentiert wurde.

Mit Spannung erwartete man allerdings die Antwort auf die Frage nach der Verantwortung: Die niederländischen UN-Soldaten selbst, so urteilten die Experten, trügen keine Schuld. Dafür aber die damalige Regierung in Den Haag. Sie habe vorschnell erklärt, Soldaten für die Friedensmission zur Verfügung zu stellen, ohne sie entsprechend darauf vorzubereiten. Auch das damalige UNO-Hauptquartier in Sarajevo habe versäumt, angemessen zu reagieren, obwohl die Soldaten in Srebrenica ihnen Bericht erstattet hätten. Dazu Kommissionsleiter Hans Blom:

"Natürlich konnte niemand vorhersagen, wie schwierig und ernst die Auseinandersetzungen im Sommer 1995 waren. Aber diejenigen, die damals Entscheidungsträger waren, haben eine große Verantwortung dafür gehabt, dass die Gefechte zwischen den streitenden Parteien unkontrollierbar wurden."

Also blieb die erhoffte Luftunterstützung durch die in Sarajevo stationierten UN-Truppen aus. Hätten sich die Niederländer dennoch gegen die einrückenden serbischen Truppen verteidigen wollen, wären sie völlig chancenlos gewesen, so Blom. (fp)