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Auslieferung des Kofferbombers könnte Monate dauern

24. August 2006

Die Bundesanwaltschaft strebt die Auslieferung des im Libanon festgenommen zweiten mutmaßlichen Bahnattentäters an. Beamte der Bundesanwaltschaft reisten noch am Abend nach Libanon.

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Fahndungplakat von Jihad HamadBild: AP
Terror Deutschland Mutmaßlicher Bombenleger beim BGH vorgeführt
Youssef Mohamad E.Bild: picture-alliance/ dpa

Die Auslieferung des zweiten mutmaßlichen Kofferbombers Jihad Hamad aus dem Libanon wird nach Angaben der Ermittlungsbehörden möglicherweise Wochen dauern. "Das könnte auch Monate in Anspruch nehmen", erklärte Bundesanwalt Rainer Griesbaum am Donnerstag (24.8.2006) in Karlsruhe. Noch am Abend sollten sich Beamte des Bundeskriminalamtes und ein Bundesanwalt auf den Weg in den Libanon machen. Nach Griesbaums Darstellung hat sich der zuletzt in Köln wohnende 20-Jährige auf Grund des Fahndungsdrucks in der Hafenstadt Tripoli der Kriminalpolizei selbst gestellt und wurde inzwischen nach Beirut gebracht.

Belege über Gasflaschen-Kauf gefunden

Wann über eine Auslieferung entschieden wird, ist noch offen. Den libanesischen Behörden soll ein Rechtshilfeersuchen übergeben werden, das sich mit den notwendigen Ermittlungshandlungen, insbesondere mit der Vernehmung des Verdächtigen befasse, sagte Griesbaum. Es gebe keinen Auslieferungsvertrag mit den Libanesen, erklärte Griesbaum. Über eine Auslieferung werde auf diplomatischen Wegen verhandelt. Möglicherweise sei Hamad mit einer Auslieferung selbst einverstanden.

Bei der Durchsuchung von Hamads Kölner Wohnung waren laut Griesbaum zwei Belege über den Kauf von Gasflaschen sowie Kabel und Klebeband gefunden worden. Noch sei unklar, ob es sich um jene Art von Gasflaschen handelt, die in zwei Regionalzügen explodieren sollten. Die beiden Kofferbomben, die wegen eines technischen Fehlers nicht explodiert waren, hatten je eine Propan-Gasflasche sowie mehrere mit Benzin gefüllte Flaschen, Zündvorrichtungen und Batterien enthalten.

Überstürzte Flucht

Hamad soll bei den versuchten zeitgleichen Anschlägen in Koblenz und Dortmund die Rolle zugekommen sein, am Kölner Hauptbahnhof einen Bomben-Koffer in dem Regionalzug nach Koblenz deponiert zu haben. Der mutmaßliche zweite, ebenfalls libanesische Täter war bereits am Samstag in Kiel festgenommen worden. Medienberichten zufolge ist er in Berlin-Moabit inhaftiert und wird in der Außenstelle des Bundeskriminalamtes am Treptower Park verhört.

Die deutschen Behörden hatten bereits am Mittwoch die Vermutung geäußert, dass sich Hamad in den Nahen Osten abgesetzt habe. Am Abend war ein Fahndungsplakat des 20-Jährigen veröffentlicht worden. Gegen ihn war in Abwesenheit Haftbefehl wegen versuchten Mordes in einer Vielzahl von Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ergangen. Der Tatverdacht stütze sich auch auf die Durchsuchungen seiner Wohnung in Köln, sagte Griesbaum: "Diese Wohnung hatte er offenbar überstürzt aufgegeben.

Netzwerk oder Einzeltäter?

"Wir ermitteln weiterhin gegen eine Gruppierung, die die Voraussetzung einer terroristischen Vereinigung erfüllt", sagte Griesbaum. Die Bundesanwaltschaft gehe nicht nur hypothetisch von einer solchen Gruppierung aus. Ein Name könne allerdings nicht zugeordnet werden. Hamad hatte sich den Ermittlungen der Sicherheitsbehörden zufolge nach dem Anschlagsversuchen zunächst mit seinem mutmaßlichen Komplizen Youssef Mohamad E. H. gemeinsam vom Flughafen Köln/Bonn aus über Istanbul wahrscheinlich in die libanesische Hauptstadt Beirut abgesetzt.

Unklar ist für die Behörden noch immer, warum der am Samstag in Kiel festgenommene Youssef Mohamad E. H. danach wieder nach Deutschland zurückkehrte. In diesem Zusammenhang wurde nicht ausgeschlossen, dass es weitere Pläne für Attentate gegeben hat. Medienberichte, die beiden Libanesen hätten Kontakt zur verbotenen islamistischen "Hisb ut Tahrir al Islami", der "Partei der islamischen Befreiung", gehabt und seien mit radikalen Ansichten aufgefallen, wurden vorerst nicht bestätigt. (stu)