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Politik

Ausstellung über "mutige" Drogendealer

Knight Ben
6. Dezember 2017

Eine Ausstellung in Berlin, die das Leben afrikanischer Drogenhändler der Stadt in den Mittelpunkt rückt, erfährt sowohl Lob wie Kritik. Der Veranstalter glaubt, dass die Drogendealer mutige politische Arbeit leisten.

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Ausstellung über afrikanische Drogenhändler in FHXB Museum in Kreuzberg, Berlin
Bild: DW/B. Knight

13 Figuren aus Pappmaché stehen in der Ausstellung "Andere Heimaten – Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks". Jede einzelne Figur steht für einen Drogendealer, der im Rahmen der Ausstellung interviewt wurde. Neben Fotos ihrer jeweiligen Heimatländer, meist in Westafrika, werden auch Bilder ihrer oft beschwerlichen Reise nach Deutschland gezeigt.

Rechtsgerichtete Medien und konservative Politiker kritisieren die Berliner Behörden, sie glorifizierten Drogenhändler. Der grün-geführte Stadtrat von Kreuzberg, der das FHXB-Museum finanziert, in dem die Ausstellung stattfindet, verteidigt die Schau jedoch als wichtigen Beitrag zur politischen Debatte. 

"Nur in Berlin"

Die "Bild"-Zeitung kritisiert unter der Überschrift "Nur in Berlin: Museum feiert Drogendealer" vor allem die Verwendung von Steuermitteln zur Finanzierung der Ausstellung. Oppositionsforderungen nach einer Schließung lehnt die Bezirksstadträtin der Grünen, Clara Herrmann, strikt ab.

Ausstellung über afrikanische Drogenhändler in FHXB Museum in Kreuzberg, Berlin
Die Ausstellung zieht viel Medienaufmerksamkeit auf sichBild: DW/B. Knight

"Kunst nimmt in diesem Viertel und in diesem Museum einen zentralen Stellenwert ein. Aus meiner Sicht gehört es zur Kunst, zu provozieren, zu irritieren, Debatten loszutreten", so Herrmann gegenüber der Deutschen Welle. Hinzu komme, so die Grünen-Politikerin, dass "in der Ausstellung weder das 'Thema Drogen' im Mittelpunkt" stehe, noch glorifiziert werde. 

Bei der Opposition sieht man das anders: Timur Husein, Ratsvorsitzender der CDU, will ein Ende der Ausstellung; stattdessen soll es eine über das Leben von Drogenabhängigen geben. Sein Parteifreund Burkhard Dregger hält trocken fest: "Diese Drogendealer gehören ins Gefängnis und nicht in eine Ausstellung".

In einer schriftlichen Pressemitteilung legt Scott Holmquist, der verantwortliche Künstler der Ausstellung, seine Sicht der Dinge dar. Der Franko-Amerikaner betont, sein Ziel sei es gewesen, die öffentliche Wahrnehmung von Drogendealern als "Sündenböcke öffentlichen Hasses" zu ändern. Des weiteren wolle er zeigen, dass die Drogendealer "trotz aller widriger Umstände unbeirrbar und mutig in der Öffentlichkeit" ihrer Tätigkeit nachgingen. 

"Mutig und unbeirrbar"

Vor allem der letzte Satz sorgt bei konservativen Kommentatoren für Fassungslosigkeit. Schon 2016 hatte Holmquist für einen Skandal gesorgt, als er ein öffentliches Denkmal für afrikanische Drogenhändler forderte. Sie würden der Gesellschaft durch ihre Arbeit einen "wertvollen Dienst erweisen", der von vielen Menschen geschätzt werde.

Drogenrazzia im Görlitzer Park
Trotz hartem Durchgreifens: Berlins Versuche, gegen Drogenhandel durchzugreifen, sind großenteils gescheitertBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Im Gespräch mit der Deutschen Welle weist Holmquist den Vorwurf von sich, seine Arbeit sei provozierend: "Drogendealer sind mutig. Ich verstehe überhaupt nicht, was daran kontrovers sein soll. Wenn du einen Job hast, bei dem die Polizei dich jeden Moment festnehmen kann, dann braucht das ein gewisses Maß an Mut und Unerschrockenheit." Er habe die Hoffnung, dass durch seine Arbeit eine Diskussion über Drogengesetze in Deutschland angestoßen werde.

"Ich bin der festen Überzeugung, dass die Arbeit von Drogendealern auch politisch ist. Große deutsche Parteien fordern die Legalisierung von Drogen. In gewisser Weise stehen Drogendealer für zivilen Ungehorsam, auch wenn sie dies nicht mit Absicht tun. Sie brechen dumme Gesetze und schwächen sie auf diese Art. Auf diese Weise helfen sie ganz Deutschland in Richtung einer besseren Drogenpolitik."

Holmquist fügt hinzu, dass ihn die Aufregung in den deutschen Medien über die Ausstellung total überrascht habe: "Ich habe überhaupt nicht mit so einer Reaktion gerechnet. Ich liebe dieses Museum und wollte den Verantwortlichen auf keinen Fall Kopfschmerzen bereiten. "

"Zauberhafte Aufgabe"

Neben dem Thema Migration liegt das wahre Interesse von Holmquist darin, die "magische Aufgabe des Drogendealers" in den Mittelpunkt zu rücken. "Drogen zu kaufen ist für viele Leute ein Risiko. Sie müssen einem Fremden bei einem Handel vertrauen, die Stimmung während der Verkaufssituation ist angespannt. Es gehört somit auch dazu, ein gewisses Maß an Gemeinschaftsgefühl aufzubauen."

Ausstellung über afrikanische Drogenhändler in FHXB Museum in Kreuzberg, Berlin
Die Ausstellung rückt das Leben von 13 afrikanischen Drogendealern in den Mittelpunkt, die in den Parks der Stadt leben. Bild: DW/B. Knight

Die Ausstellung erfährt auch Unterstützung aus der Wissenschaft. Die Kriminologin Bettina Paul von der Uni Hamburg findet es "mutig", dass die Ausstellung versucht, mit "fremdenfeindlichen" Stereotypen über Drogendealer aufzuräumen. "Ich finde die Ausstellung wichtig, da seit Jahrzehnten die irrwitzigsten Ammenmärchen über Drogendealer existieren. Insbesondere, wenn es mit dem Thema Einwanderung und Migration in Verbindung gebracht wird, werden ganz viele Themen zusammengemischt, die nichts miteinander zu tun haben."

Paul gefällt inbesondere der simple Ansatz der Ausstellung: Es werde klar, dass "wir es bei Drogendealern mit Menschen aus Fleisch und Blut zu tun" hätten,"und nicht mit Klischees".