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Austeilen und Einstecken

Christoph Hasselbach 5. März 2003

Der politische Aschermittwoch hat Tradition. Seit dem 16. Jahrhundert wird an diesem Tag lautstark über die politische Entwicklung diskutiert. In diesem Jahr ging es vor allem um Wirtschafts- und Außenpolitik.

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Kräftiger Schluck, kräftige RhetorikBild: AP

Politische Ernüchterung in Deutschland am Aschermittwoch. Eine Wirtschaft nahe der Rezession, eine ständig steigende Arbeitslosigkeit, und allgemeine Sorge darüber, was aus der teuren deutschen Sozialversicherung werden wird. Reichlich Gelegenheit also für die Oppositionsparteien, die rot-grüne Regierung in Berlin an den Pranger zu stellen. Für CSU-Chef Edmund Stoiber, der als Kanzlerkandidat knapp gegen Gerhard Schröder verloren hatte, war es ein Tag der Abrechnung. "Dieser Kanzler hat kein Vertrauen, dieser Kanzler hat kein Vertrauen mehr in seine Kompetenz und ich sage Ihnen, ich habe das immer gesagt, dieser Kanzler wird maßlos überschätzt. Er kann es nicht und deswegen muss er weg, meine Damen und Herren!"

Stoiber kritisierte, die Staatsquote sei zu hoch. Der Staat nehme den Bürgern immer mehr von ihrem verdienten Geld weg, und trotzdem sei die Zukunft nicht gesichert. Daran sind nach Stoiber überzogene Forderungen schuld, nicht zuletzt Forderungen der Gewerkschaften. Mit ihnen ging der CSU-Chef noch vergleichsweise zahm um, immerhin haben CDU und CSU starke Arbeitnehmerflügel.

Kritik an Gewerkschaftern

FDP-Chef Guido Westerwelle dagegen hat offenbar die Gewerkschaftsfunktionäre als besonderen Feind von Veränderungen ausgemacht: "Die Menschen wollen einen Arbeitsplatz, sie kriegen es nur, wenn wir mit diesen verkrusteten Strukturen ein Ende machen und deswegen bleibe ich dabei, dieses Land muss an die Entmachtung der Gewerkschaftsfunktionäre heran, meine sehr geehrten Damen und Herren!"

Beide, Stoiber und Westerwelle, malten ein düsteres Bild von Deutschland im Jahr 2003 und davon, was jetzt an schmerzlichen Reformen auf die Menschen zukomme. Aber es war erneut die Weltpolitik, die sich in eine deutsche politische Debatte drängte und die Reden streckenweise beherrschte.

Kritik an Irak-Politik

Stoiber warf Bundeskanzler Schröder vor, mit seiner Irak-Politik Europäische Union und NATO gespalten und die USA vor den Kopf gestoßen zu haben. Trotzdem sei die Welt nicht sicherer geworden, im Gegenteil, und der Druck auf Saddam Hussein, abzurüsten, habe nachgelassen. Der CSU-Chef nannte Schröders Politik einen deutschen Sonderweg. "Und für Deutschlands Sicherheit hat die Union in der Außenpolitik Lehren aus der Geschichte gezogen. Und die heißt: Nie wieder Krieg! Aber auch niemals mehr einen deutschen Sonderweg!"

Dass die Zeiten anders sind als sonst, kam auch durch die Abwesenheit des grünen Außenministers Joschka Fischer am politischen Aschermittwoch zum Ausdruck. Fischer wollte eigentlich in Bayern sprechen, entschied sich aber kurzfristig, nicht teilzunehmen, sondern reiste nach Paris, um sich mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Rußland über das weitere Vorgehen in der Irakfrage abzustimmen.