Autisten als Spezialisten
30. Juni 2004Noch vor drei Jahren, 2001, konnte der junge Lars Sonne kaum kommunizieren. Und seine Eltern waren am Boden zerstört, als die Ärzte bei ihm Autismus feststellten. Jetzt ist Lars 7 Jahre alt, bekommt eine besonders strukturierte Ausbildung – und macht deutliche Fortschritte beim Lesen.
Sein Vater Torquil hatte Angst um Lars' Zukunft – und die brachte ihn dazu, eine Firma zu gründen, die aus den speziellen Stärken der Autisten Kapital schlagen kann. "Sie haben ein sehr gutes Gedächtnis, einen extremen Sinn für Details, sie sind beharrlich, lieben Strukturen und finden Routine beruhigend", sagt Torquil Sonne. "Und wenn etwas nicht so läuft wie erwartet, reagieren sie sofort."
Das gute Gefühl, gebraucht zu werden
Mit dieser Idee im Hinterkopf nahm Torquil Sonne eine Hypothek auf und gründete ein Unternehmen, genannt "The Specialists". Es testet Computer-Software. Was die Firma einzigartig macht: Ihr gesamtes Personal besteht aus Autisten. Sie haben Schwierigkeiten mit Sozialkontakten und finden es deshalb einfacher, mit Computern und dem Internet umzugehen.
Dem 23-jährigen Felix Pischinger hilft die Arbeit, seinen Zustand zu stabilisieren. Wenn er zur Schule gehe, gestresst sei, dann werde er depressiv, unfähig, die einfachsten Aufgaben auszuführen. Aber: "Wenn ich fühle, dass ich ein wertvoller Mensch bin, wenn ich mit meiner Umgebung zufrieden bin, wenn ich mich eben gut fühle - dann kann ich alles tun. Ich habe kein autistisches Handicap."
Der Job fördert Kontakte
Autisten brauchen Strukturen und Routine. Gut geplante Arbeitsabläufe sind der Schlüssel zum Erfolg von "The Specialists". Vielen anderen Firmen fehlt dafür die Zeit.
Felix Pischinger ist froh über seinen Job – wenn er den nicht hätte, würde er nicht täglich aus dem Haus gehen und andere Menschen treffen. Gerade das ist ihm aber wichtig, denn: "Das generelle Problem beim Autismus ist die Unfähigkeit, soziale Kontakte zu knüpfen."
Testen für hohe Qualität
Mit der Geschäftsidee ist "The Specialists" beileibe keine Außenseiter-Firma. Ein großer Durchbruch ist zum Beispiel der Auftrag des Unternehmens "Cryptomatic" aus Aarhus. Es bietet Technik für die digitale Signatur an, wichtig für die Sicherheit im Internet.
Und da sei gründliches Testen unverzichtbar, betont der Chief Technical Officer von Cryptomatic, Torben Petersen: "Es ist sehr wichtig, dass die Produkte, die wir ausliefern, eine sehr hohe Qualität haben. Wir binden die Leute hier ein, um zu sehen, wo wir etwas noch besser machen können."
Zukunfts-Versicherung für den eigenen Sohn
Torquil Sonne glaubt an seine Firma. Er will 2005 zwei weitere Filialen eröffnen und hat dabei immer die Zukunft seines Sohnes im Sinn: "Eine Firma wie 'The Specialists' wird auch in elf Jahren noch existieren, wenn Lars 18 wird. Und ich hoffe, dass meine Initiative andere nach sich zieht." Eins hat Torquil Sonne jetzt schon bewiesen: Auch Autisten können ein erfülltes Leben leben.