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Autoklau in großem Stil

Christoph Wanner4. Februar 2003

Der beste Kunde für gestohlene Autos in Europa ist Russland. Besonders beliebt sind dort Luxuskarossen. Jährlich gehen rund 10.000 in Deutschland geklaute Spitzenmodelle an die autogierigen Russen.

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Der Autoklau bedeutet einen enormen Schaden für die Versicherungen. Mit eigenen Fahndern kämpfen sie in Russland gegen die Diebesbanden. Wegen der korrupten russischen Gesellschaft ist das aber ein schwieriges Unterfangen.

Das sagt auch Manfred Schmelzing. Er arbeitet im Auftrag deutscher Versicherer in Moskau. Der Fahnder schimpft, dass die Polizei zu selten gegen die Automafia durchgreift. In der Regel wird die Milizia nämlich von den Dieben mit Schmiergeld ruhig gestellt. Deswegen sei es meist unmöglich gestohlene Luxuskarossen zu finden.

Auto zum halben Preis

Der Klau läuft wie folgt: Einem reichen Russen schwebt ein A8 vor. Den bestellt er bei der Automafia. Die lässt den Wunschwagen dann in Deutschland klauen. Schließlich wird der Audi nach Russland geschleust. Die beliebteste Reiseroute führt durch Polen und Weißrussland. Unterwegs werden alle bestochen, die den Deal gefährden könnten. Das wars. Der A8 hat es geschafft, er ist in Moskau. Jetzt kostet der Wagen rund die Hälfte seines Neupreises.

Das Glück des neuen Besitzers versucht nun Manfred Schmelzing zu stören. Und so manchem Russen versaut der Mann aus Bayern auch den Spaß am schönen, neuen Auto. Der Fahnder hält ihnen Gerichtsbeschlüsse unter die Nase und bedrängt sie, wo er kann. Doch die meisten Russen mit geklauten Limousinen, hetzen Schmelzing sofort ihre Leibwächter auf den Hals. Darüber erzählt der Fahnder jetzt auch russischen Kamerateams. Vielleicht hilft das ja, der Dreistigkeit der Bonzen ein Ende zu machen.

Heiße Ware für die Oberschicht

Auf einer Pressekonferenz bei der russische Agentur Interfax spricht er von Beweisen gegen die Nomenklatura. Auch hohe Beamte fahren geklaute Wagen aus Deutschland. Mit Vorliebe A8, sagt er. Es handle sich um Leute aus dem russischen Parlament, vom Innenministerium, der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Der Fahnder hat es aber unglaublich schwer all diesen Leuten die heiße Ware wieder abzunehmen. Denn sie haben meist gute Freunde, die alles blockieren. Und sogar das russiche Gesetz ist oft gegen den deutschen Fahnder. Er hat nach einem Diebstahl nur ein Jahr Zeit für die Jagd nach dem gestohlenen Limousinen. Danach erklärt das Gesetz das Diebesgut für legal gekauft.

Politiker und Kriminelle arbeiten also Hand in Hand. Trotzdem gelingt es Manfred Schmelzing manchmal geklaute Wagen einzukassieren. Nicht oft, aber oft genug, um dabei zu bleiben. Und er wird zur Schadensbegrenzung gebraucht. Denn der Autoklau für Russland kostet deutsche Versicherer rund 250 Millionen Euro im Jahr. Kein Klacks.