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Automobilclub ADAC: Richtung Neuanfang?

Stephanie Höppner 9. Mai 2014

Aufräumarbeiten beim ADAC: Der Automobilverein trifft sich an diesem Wochenende in Saarbrücken zur Hauptversammlung - es ist das erste Mal nach dem großen Skandal.

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Geschrottetes Auto bei einem Fahrzeugtest (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Michael Dalder

Vorwürfe, Enthüllungen und massenhaft Kündigungen der Mitglieder: Der ADAC hat in den vergangenen Monaten die tiefste Krise seiner Geschichte durchlaufen. Für diesen Samstag (10.05.2014) hofft der Autofahrerclub auf einen Neuanfang. "Reform für Vertrauen" heißt das Programm des ADAC, mit dem er seine Glaubwürdigkeit wieder zurück gewinnen möchte. Und das ist dringend notwendig: Nach Auffliegen der Manipulationen beim Autopreis "Gelber Engel" haben etwa 290.000 ADAC-Mitglieder gekündigt. Unter dem Strich ist der Autoclub aber trotzdem weiter gewachsen: Am 30. April zählte er mehr als 18.960.000 Mitglieder - und damit fast 17.400 mehr als zu Jahresanfang.

Obwohl der konkrete Schaden damit etwas geringer ausfällt als befürchtet, hat der Autofahrerclub sein einst glanzvolles Image verloren. "Der ADAC war der Inbegriff einer Vertrauensorganisation. Und plötzlich konnte jeder sehen, dass Fehler gemacht wurden und jeder bemerkte plötzlich die fehlende Transparenz", sagte der Sprecher des eigens für den Reformprozess eingesetzten Beirats, Jürgen Heraeus. Die zahlreichen Vorwürfe: Nutzung von Rettungshubschraubern für dienstliche Zwecke, steuerliche Privilegien, undurchsichtige Geschäfte mit der Pannenhilfe, Intransparenz, Fälschungen beim Autopreis. "Die Enttäuschung war gigantisch", sagt Heraeus. Der ADAC reagierte - strich etwa die Boni für den Verkauf von Ersatzbatterien oder untersagte Hubschrauberflüge für ADAC-Termine. Doch manch einem Kritiker ging das nicht weit genug.

Mehr Transparenz

Auf einer Hauptversammlung in Saarbrücken soll nun über die Zukunft des Vereins diskutiert werden. Personalentscheidungen würden aber erst am Ende des Jahres auf einer außerordentlichen Hauptversammlung gefällt, hieß es seitens der Pressestelle. Zurzeit wird der Club von August Markl kommissarisch geleitet. Er hatte nach dem Rücktritt von Peter Meyer die Führung übernommen. Markl habe aber "keine Ambitionen auf das Präsidentenamt", betonte er. "Bisher konnten wir leider keinen geeigneten Kandidaten finden. Deshalb wird der Hauptversammlung vorgeschlagen, die Wahl zu verschieben, bis unser Reformprogramm abgeschlossen ist." Für die Zukunft sollen neue Weichen gestellt werden: "Künftig sollen Mitgliederinteressen wieder vor kommerziellen Interessen kommen", sagte Markl vor der Versammlung.

ADAC-Rettungshubschrauber (Foto: dpa)
In der Kritik: Der Einsatz der RettungshubschrauberBild: picture-alliance/dpa

Unterstützt werden soll der ADAC von einem externen Beirat, dem unter anderem Unternehmer und Unicef-Deutschland-Chef Jürgen Heraeus angehört. Neben Heraeus wird der Beirat mit der Deutschland-Chefin von Transparency International, Edda Müller, dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und dem Direktor des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft, Rupert Graf Strachwitz, besetzt. Heraeus forderte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bereits "Reformen", Müller gegenüber dem Deutschlandfunk "Transparenz". Der ADAC habe seine Vermögensverhältnisse noch immer nicht ganz offen gelegt.

Prüfung des Vereinsstatus

Zugleich bangt der Club auch um seinen Vereinsstatus. Denn am Münchner Registergericht wird bereits vielen Monaten geprüft, ob der Status rechtmäßig ist. "Das Grundproblem liegt darin, dass der Gesetzgeber sich den Verein als Interessenvertretung vorstellt - politischer, ideeller oder kultureller Art - und sich nicht wünscht, dass in Form des eingetragenen Vereins wirtschaftliche Betätigung erfolgt", sagt Dirk-Ulrich Otto von der Ländernotarkasse.

Zudem mangelt es beim Verein an deutlicher Transparenz. "Da haben sie keinen Aufsichtsrat, der dem Vorstand direkt auf die Finger schaut", sagt Otto. Der ADAC hält trotz seiner Milliardenumsätze am Vereinsstatus fest. Vor der Hauptversammlung am Samstag in Saarbrücken sagte der kommissarische ADAC-Präsident August Markl der Wochenzeitung "Die Zeit": "Wir sind seit 111 Jahren ein Verein und möchten es bleiben." Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus.

"Nur Floskeln"

Begonnen hatte der Skandal bereits im vergangenen Herbst. Der Journalist Bastian Obermayer hatte die Manipulationen bei der Wahl des ADAC-Autopreises "Gelber Engel" aufgedeckt. Schwung bekamen die Vorgänge, als die ADAC-Führung bei der feierlichen Preisverleihung die Journalisten für die Berichte scharf angriff, sich über die Zeitung lustig machte und die Vorwürfe empört zurückwies. Doch die Anschuldigungen stimmten. Die angekündigten Reformen stimmen Obermayer skeptisch. "Man kann zu den Reformen wenig sagen, weil man nur Floskeln kennt, wie zum Beispiel: Mitglieder mehr einbinden. Oder: Mehr zu Rat, Service und Hilfe zurückfinden", sagt er der DW. "Das ist alles aller Ehren wert, aber noch nicht wirklich konkret.“

Preisverleihung Gelber Engel 2006 (Foto: dpa)
Manipulationsvorwurf: Die Wahl der "Gelben Engel"Bild: picture-alliance/dpa

Journalist Bastian Obermayer hat inzwischen auch ein Buch herausgebracht. Titel: "Gott ist gelb - wie der ADAC Menschen belügt". In der Buchbeschreibung heißt es: "Der ADAC verrät seine Mitglieder, wenn er an ihnen verdienen kann; er taugt nicht zum Verbraucherschützer, weil er zu viel an eigene Geschäfte denkt und seine Funktionäre können sich nahezu unkontrolliert bereichern." Obermayer glaubt nicht, dass die Enthüllungen über den ADAC nun ein Ende gefundenen haben: "Der ADAC hat eine so komische Struktur, die so wenig Kontrolle vorsieht, dass es nahezu in allen Bereichen jederzeit möglich ist, dass wieder was Großes aufbricht." Ob sich das für den ADAC negativ auswirken könnte, ist offen. "Der deutsche Autofahrer ist sehr pragmatisch", sagt er. "Der will vom ADAC weniger einen heimeligen Verein, sondern der will eine Versicherung, wenn er liegen bleibt - und das macht der ADAC ja sehr gut und sehr vernünftig."