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Autostrade statt Klamotten

Thomas Kohlmann21. Februar 2003

Luciano Benetton ist seinem Ziel ganz nah: Am Freitag (21.02.03) entscheidet sich, ob seine Familie die Autobahngesellschaft Autostrade übernehmen kann.

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Autobahnverkehr in Italien:<br>verdienen am WachstumsmarktBild: AP

Kurz vor Toreschluss haben die Benettons ihr Angebot noch einmal aufgestockt: Für jede Aktie zahlt die Familien-Holding der italienischen Kleiderbarone dann zehn Euro an die Aktionäre der Autobahngesellschaft Autostrade. Mit dem 8,4 Milliarden Euro Coup wollen sich die Erfinder der grellbunten Strickpullover wieder ein Stück unabhängiger vom klassischen Modegeschäft machen.

Längst sind die Zeiten vorbei, als die vier Geschwister aus dem Veneto jedes Jahr Umsatz-Sprünge mit ihren "United Colors" machten. Im vergangenen Jahr ging das Geschäft mit den Strick-Klamotten sogar erstmals seit Gründung des Familienunternehmens Mitte der 1960er Jahre zurück.

Trotzdem werden die Benettons immer mächtiger: Während das Firmenimperium der Fiat-Unternehmerfamilie Agnelli zerfällt, kaufen sich die Benettons in immer neue lukrative Unternehmen ein.

Autobahnen, Flughäfen und Hotels

Die Modebranche spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle. Mit dem Geschäft um Stricksachen machen die Benettons gerade noch rund 30 Prozent ihres Gesamtumsatzes. Zu den Beteiligungen ihrer Firmenholding Edizione Spa gehören Autogrill, der weltweit größte Betreiber von Autobahn-, Flughafen- und anderen Reise-Raststätten, Anteile am Turiner Flughafen, ein Grandhotel in Venedig und eine Schafzucht mit mehr als 100.000 Tieren in Argentinien. Und wenn ein Bahnreisender am römischen Hauptbahnhof "Stazione Termini" ein Panino kauft, verdienen Luciano, Giuliana, Gilberto und Carlo ebenfalls mit. Denn auch an den teilprivatisierten dreizehn größten Bahnhöfen Italiens, den Grandi Stazioni, sind sie beteiligt.

Milliardengeschäft Autobahn-Maut

Als 1999 die staatliche Autobahngesellschaft Autostrade privatisiert wurde, griff der Clan um Luciano Benetton zu. Die Beweggründe, warum die Familie, die 30 Prozent der Autobahngesellschaft mit Sitz in Rom kontrolliert, auch die restlichen 70 Prozent kaufen will, werden beim Blick auf die Zahlen von Autostrade deutlich: Die Gesellschaft kontrolliert rund 56 Prozent des italienischen Autobahnnetzes und machte 2001 einen Nettogewinn von 416 Millionen Euro bei einem Umsatz von 2,25 Milliarden Euro. Dazu kommt, dass das Geschäft mit der Autobahn-Maut nahezu krisensicher ist und die Mauteinnahmen langsam aber beständig ansteigen.

Nur die Autostrade-Aktionäre könnten den Benettons jetzt noch einen Strich durch die Rechnung machen. Die Mode-Milliardäre aus der venezianischen Provinz würden nämlich ihr Angebot zurückziehen, wenn sie bis Freitag nicht über mindestens 66,7 Prozent der Autostrade-Aktien verfügen.