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Außenpolitische Neuausrichtung?

Andreas Tzortzis14. Juli 2005

Mit einer Kanzlerin Merkel könnte sich in der internationalen Politik Deutschlands einiges ändern. Der Irak, die EU-Beitritte Rumäniens und Bulgariens und die Verhandlungen mit der Türkei dürften spannende Themen sein.

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Als Oppositionsführerin auf internationalem Parkett noch ohne große RolleBild: AP

Sicherlich war niemand überrascht vom Wahlprogramm der CDU/CSU. 34 von 38 Seiten des Manifests stellen Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und für die Sanierung der Wirtschaft dar. Allerdings geben gerade die restlichen Seiten Aufschluss darüber, was die CDU unter Kanzlerin Merkel anders machen würde.

Merkel muss sich noch Profil erarbeiten

Angela Merkel hat zwei große Aufgabenfelder vor sich: die Europa-Politik und eine engere bilaterale Verbindung mit den USA. Allerdings konnte sie bislang noch nicht viel mehr tun als die Richtungsentscheidungen der derzeitigen Regierungskoalition kommentieren. "Frau Merkel spielt als Oppositionsführerin auf dem internationalen Parkett noch keine herausragende Rolle", sagt Andreas Maurer von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Die kann man auch erst wirklich in der Regierung entwickeln."

Bundestag Gerhard Schröder Jobgipfel Angela Merkel
Bild: AP

Dies wird auch klar, wenn man die Entwicklung Schröders betrachtet. Als Schröder 1998 Kanzler wurde, war er als EU-Skeptiker bekannt. Im Laufe seiner Regierungszeit wuchs der deutsche EU-Einfluss jedoch stetig - und Schröder änderte seine Einstellung. Auch die deutsche Außenpolitik und vor allem Deutschlands Ablehnung des Irak-Kriegs unterstreichen das gestiegene Selbstbewusstsein Schröders. Karen Donfried, Direktorin des German Marshall Fund in Washington, sagt, dass "bei Schröders Wahl niemand damit gerechnet hätte, dass er einmal zum Kanzler der Außenpolitik avancieren würde".

Unterschiedliche Auffassungen

Die Union ist außenpolitisch daran interessiert, dass Deutschland seine Vorreiterposition in der EU weiter ausbaut. Allerdings würde sich Merkel eher den Briten als den Franzosen, Deutschlands treuem Verbündeten, annähern. Das Wahlprogramm spricht davon, dass "eine Umstrukturierung nötig ist, die das Vertrauen und die Interessen anderer EU-Staaten impliziert". Auch beim Thema EU-Erweiterung zeigen sich Unterschiede in den Positionen Merkels und Schröders.

Während Schröder sich für eine Mitgliedschaft der Türkei ausspricht, würde Merkel am liebsten auch Bulgarien und Rumänien den für 2007 geplanten EU-Beitritt verwehren. Unter Experten ist schon jetzt klar, dass der angepeilte Start für Mitgliedsverhandlungen mit der Türkei Anfang Oktober 2005 Wahlkampfthema wird. "Merkel wird sich weiterhin für die EU als Institution aussprechen und zugleich gegen eine Erweiterung plädieren", meint Ingo Peters, Professor für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.

Verbündeter USA

Bush in Deutschland bei Angela Merkel
Bild: dpa - Bildfunk

Allerdings ist anzunehmen, dass diese Einstellung von Frau Merkel sich negativ auf die versprochenen engeren Beziehungen mit den USA auswirken wird. US-Präsident George Bush ist nämlich großer Befürworter eines EU-Beitritts der Türkei. Andreas Maurer ist der Auffassung, dass auch "die USA der Politik Merkels skeptisch gegenüber stehen müssten", denn "engere Zusammenarbeit klingt ja gut, ist aber eine beliebige Aussage. Denn wie würde die CDU reagieren, falls die USA die Beitrittsverhandlungen für die Türkei voran treiben wollen?"

Auf der anderen Seite kann Washington davon ausgehen, dass eine Regierung Merkel sich dem Willen der USA gegen eine Aufhebung des Waffenembargos für China anschließen wird. Schröder und Chirac hingegen setzen sich für eben diese Aufhebung ein.

Realistische Einschätzungen

Peters hofft, dass "Merkels Außenpolitik zumindest sehr viel weniger turbulent sein wird". Niemand gehe davon aus, dass ein von der Union regiertes Deutschland nun plötzlich Soldaten in den Irak schicken wird.

Das Wahlprogramm sagt auch, dass eine potentielle Erhöhung von Deutschlands Beitrag zur Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig ist. "Aus finanziellen Gründen ist die Möglichkeit Deutschlands mehr in dieser Richtung zu tun momentan leider etwas limitiert", sagt Peters. Die Union ist sich dessen bewusst, wie ihr Programm beweist.