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Aye, Aye Käpt’n

19. April 2009

Nautik-Studenten wollen später als Offizier ein Schiff steuern und müssen ihr erstes Semester auf hoher See verbringen. Bevor das Studium an einer Fachhochschule an Land weitergeht, haben sie meist schon viel gesehen.

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(Foto: DW)
Bild: DW/Till Opitz

Sechs Monate sind sie auf regulären Frachtschiffen unterwegs, sehen die Weltmeere und lernen den Arbeitsalltag an Bord kennen: Ladung verstauen, das Deck schrubben, rostige Stellen übermalen, dem Koch in der Kombüse helfen. Ein Großteil der Zeit haben sie auch Wachdienst, schauen dem Kapitän auf der Kommandobrücke über die Schulter und tragen die aktuelle Position des Schiffes in der Seekarte ein.

Reinschnuppern in alle Bereiche an Bord

Schiff (Foto: DW)
Fern der HeimatBild: DW/Till Opitz

Jörg Breyhahn studiert an der Fachhochschule Elsfleth Nautik und verbringt sein erstes Semester auf der MS Beluga Constitution. Der 23-Jährige absolviert gerade ein Praktikum im Maschinenraum des 150 Meter langen Schwergutfrachters. Hier lernt er die Technik genau kennen.

Dieser Teil der Ausbildung ist besonders wichtig, denn auch wenn man später als Offizier auf der Brücke steht, muss man wissen, was hier unten vor sich geht: "Da wir auf See keinen Strom aus dem Stromnetz beziehen können, produzieren wir unseren Strom selber. Dafür haben wir an Bord insgesamt vier Generatoren", erklärt Jörg.

Navigation und Länderkunde

Neben der täglichen Praxis haben die Kadetten auch Unterricht an Bord. Ein Trainingsoffizier unterrichtet die Studenten in Astronomie, Navigation, Länderkunde, Seerecht und speziellem Schiffsvokabular. Arbeitssprache an Bord ist Englisch.

Neben den sechs Studenten und zwei Studentinnen an Bord arbeiten auf der MS Beluga Constitution dreizehn weitere Besatzungsmitglieder. Der Kapitän ist Däne, viele Besatzungsmitglieder sind Russen, Ukrainer und Polen. Die Schiffsbranche ist international und die Berufsaussichten für nautische Offiziere gelten als gut.

Seetauglichkeit vorausgesetzt

Unterricht auf hoher See (Foto: DW)
Unterricht auf hoher SeeBild: DW/Till Opitz

Die Erstsemester bekommen pro Monat 500 Euro Ausbildungsvergütung von der Reederei, der das Schiff gehört. Offiziell gelten sie als Praktikanten; die Zeit an Bord wird ihnen als Praxissemester an den Fachhochschulen anerkannt.

Die Kadetten mussten sich vorher bei der Reederei bewerben, ein Sicherheitstraining absolvieren und einen Seetauglichkeitstest beim Arzt machen. Der Gesundheitscheck ist wichtig, da die Arbeit an Bord auch körperlich anstrengend ist und auf den Meeren kein Arzt verfügbar ist.

Leben ohne Internet und Tageszeitung

Küche an Bord (Foto: DW)
Arbeiten, studieren, leben und essen auf engstem RaumBild: DW/Till Opitz

Sechs Monate auf hoher See sind nicht nur eine außergewöhnliche Erfahrung, sondern auch eine soziale Herausforderung. Der Kontakt zu Freunden und der Familie beschränkt sich auf E-Mails und kurze Telefonate über das schiffseigene Satellitentelefon. Im Internet surfen können die Kadetten nicht. Oft sieht man tage- oder wochenlang kein Land.

Untergebracht sind die Kadetten jeweils zu zweit in einer Kabine. Studentin Miriam Schlüter hat sich mit dem Leben auf fünf Quadratmetern arrangiert: "Das ist schon sehr beengt, aber man hat trotzdem ein bisschen Privatsphäre, weil wir unterschiedliche Arbeitszeiten haben. Ansonsten ist hier alles drin, was man braucht: Es gibt ein Etagenbett. Ich schlafe oben, meine Kollegin schläft unten", erzählt Miriam. Alles hat Platz in dem winzigen Raum: Eine Bank mit einer Backskiste, um Dinge zu verstauen, ein kleines Regal, das auch gegen Seegang gesichert ist, ein Tisch und ein kleines Bad mit Waschbecken, Toilette und kleiner Dusche.

Miriam und Jörg freuen sich, dass ihre Reise in den nächsten Tagen zu Ende geht. Abgeschreckt haben sie die sechs Monate in einem internationalen Team auf hoher See aber nicht. Sie wollen ihr Studium durchziehen und später zur See fahren - zumindest eine Zeit lang.

Autor: Till Opitz

Redaktion: Silke Wünsch