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Bach hatte wohl weitere Beraterverträge

6. April 2017

Der heutige IOC-Präsident Thomas Bach hat zwischen 2005 und 2009 Hunderttausende Euro durch eine bislang unbekannte Beratertätigkeit verdient. Die Frage ist: Gab es dabei Interessenskonflikte?

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Deutschland IOC Thomas Bach
Bild: picture-alliance/dpa/J.-C. Bott

Der heutige IOC-Präsident Thomas Bach hat zwischen 2005 und 2009 Hunderttausende Euro durch eine bislang unbekannte Beratertätigkeit verdient. Dem Recherchezentrum Correctiv liegt ein entsprechender Vertrag Bachs mit dem Industriekonzern MAN Ferrostaal vor, der dem Wirtschaftsanwalt 125.000 Euro für 20 Arbeitstage pro Jahr und eine Tagespauschale von 5000 Euro bei Auslandsreisen einbrachte.

Ferrostaal - der Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN hatte seine Anteile ab 2009 abgestoßen - ist ein Industriedienstleister mit Sitz in Essen, der sich vor allem als Auftragsbeschaffer für deutsche Firmen einen Namen gemacht hat, auch in der Rüstungsbranche. Der Vertrag mit Bach wurde abgeschlossen, unmittelbar nachdem der promovierte Jurist und Sportfunktionär zum Präsidenten des deutsch-arabischen Wirtschaftsnetzwerks Ghorfa gewählt worden war.

"Beratungsverträge keine Besonderheit"

Einen Nachweis für eine Beteiligung Bachs an einem Schmiergeldskandal rund um eine U-Boot-Lieferung nach Griechenland, in dessen Folge Ferrostaal 2011 ein Bußgeld in Höhe von 140 Millionen Euro bezahlen musste, gibt es nicht. Ein IOC-Sprecher teilte auf SID-Anfrage mit: "Es ist keine Besonderheit, dass ein Wirtschaftsanwalt Beratungsverträge unterhält. Diese Vertragsverhältnisse haben niemals zu irgendwelchen Beanstandungen geführt."

Allerdings: Laut Correktiv lieferte MAN Ferrostaal Münzmaschinen für Olympiamedaillen 2008 in Peking. Fragen dazu beantwortete das IOC gegenüber dem Recherchenetzwerk jedoch nicht. Der IOC-Sprecher verwies auf eine interne Prüfung der Ferrostaal-Beraterverträge im Jahr 2010 durch eine amerikanische Anwaltskanzlei. "Das Ergebnis war, dass es keinerlei Hinweise gibt, die Ferrostaal an der Integrität von Herrn Dr. Thomas Bach zweifeln lassen." Gleiches gelte für den "seit vielen Jahren bekannten und im Jahr 2008 beendeten Siemens-Vertrag". Sämtliche Beratungsverträge Bachs seien immer der IOC-Ethikkommission offengelegt worden.

Geld von Adidas, Siemens, Holzmann und Wenig

Während seiner Zeit bei Ferrostaal war Bach auch DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident (beides ab 2006). Der DOSB verwies auf das Protokoll seiner 21. Präsidiumssitzung vom 23. September 2008: "Herr Dr. Bach hat ... seine Tätigkeiten bereits vor seiner Wahl zum Präsidenten des DOSB unaufgefordert offengelegt und sodann selbst die Schaffung des Amtes eines Corporate Governance Beauftragten des DOSB initiiert." Ob sich diese Aussagen auch auf Ferrostaal beziehen, konnte der DOSB zunächst nicht sagen.

Erste nachhaltige Kontakte hatte der Fecht-Olympiasieger von 1976 Mitte der 80er Jahre als Adlatus von adidas-Chef Horst Dassler geknüpft. Dassler ist Gründer der Agentur ISL, die 2001 Konkurs ging, nachdem gerichtlich belegt war, dass mehr als 130 Millionen Euro an Schmiergeldern an höchste Funktionäre flossen. Nachgewiesen sind Zahlungen zwischen 1989 bis 1999. Bach verließ adidas im Dezember 1987, neun Monate nach Dasslers Tod.

Siemens hatte keine reine Weste

In der Folgezeit kassierte Bach in Beratertätigkeiten Hunderttausende Euro. Bekannt wurden Kontrakte mit dem seit 2002 insolventen Baukonzern Philipp Holzmann sowie mit Siemens. Das Dax-Unternehmen Siemens, das Bach mit bis zu 400.000 Euro pro Jahr entlohnte, geriet 2006 durch einen Schmiergeldskandal unter Druck und wurde in Deutschland und den USA zu einer Zahlung von mehr als einer Milliarde Euro verurteilt. Siemens ist eng mit der olympischen Bewegung verbunden, rund um die Spiele 2008 in Peking etwa sind Aufträge über ein Volumen von etwa 1,1 Milliarden Euro verbrieft. Bach arbeitete zwischen 2000 und 2008 für Siemens. Er selbst betonte stets, seine Ehrenämter und Beratertätigkeiten strikt getrennt zu haben.

Mit Antritt seiner IOC-Präsidentschaft hat Bach alle sonstigen Posten niedergelegt. Ausnahme ist der Aufsichtsratsvorsitz beim fränkischen Holzmaschinenkonzern Weinig AG.

sw/rb (sid, correktiv.org)