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Bachmann: "Das Urteil ist sensationell niedrig"

Daniel Heinrich13. März 2014

Der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß ist zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Damit sollte er sich zufrieden geben, meint der Steuerrechtsexperte Jochen Bachmann.

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Dr. Jochen Bachmann
Bild: privat

Deutsche Welle: Wie schätzen Sie das Urteil ein?

Jochen Bachmann: Bei der Höhe der hinterzogenen Summe ist ein Urteil von dreieinhalb Jahren sensationell niedrig. Dahinter stehen muss die Erkenntnis des Gerichts, dass Herr Hoeneß im Zweifel eine vollständige Selbstanzeige abgeben wollte, dass dies aber nicht gelungen ist. Und dass man dann sagt, wenn jemand zur Steuerehrlichkeit zurückkehren will, dann müssen wir ihm dafür auch etwas gutschreiben. Wenn das herausgekommen wäre, was die Staatsanwaltschaft nachvollziehbar gefordert hat, dann wäre ja die Erkenntnis gewesen, dass es ein Fehler ist, in solchen Situationen überhaupt eine Selbstanzeige zu machen.

Beschreiten wir denn jetzt mit dem Urteil im Hoeneß-Prozess eine neue Ära bei der Verfolgung von Steuersündern?

Nein. Es geht hier darum, dass eine Selbstanzeige gemacht worden ist - offenbar in der Intention, eine vollständigen Selbstanzeige abzugeben. Diese Selbstanzeige ist wohl nicht fachgerecht gemacht worden. Dennoch gesteht man aber Herrn Hoeneß zu: "Ja, du wolltest auf den Pfad der Tugend zurückkehren und das rechnen wir dir sehr hoch an". Das intendierte Signal ist dann, dass es immer noch besser ist, auf diese Art und Weise sich dem Staat auszuliefern und zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren, als weiterhin alles zu bestreiten und nichts zu tun. Grundsätzlich wird jedem Straftäter ein Geständnis angerechnet und es wird auch jedem Straftäter angerechnet, wenn er aus freien Stücken auf den Pfad der Tugend zurückkehrt.

Prozess Uli Hoeneß Steuerhinterziehung 13.03.2014
Bild: Reuters

Ist es denn üblich, dass eine Selbstanzeige so unübersichtlich ist?

Wir haben seit ein paar Jahren ein Selbstanzeigerecht, das sehr stark verschärft worden ist. Eine Selbstanzeige ist nur noch dann wirksam, wenn sie insgesamt zu einhundert Prozent korrekt ist; früher war das anders. Heute führt eine unvollständige Selbstanzeige dazu, dass sie insgesamt nicht zur Straffreiheit führt. Das hat dazu geführt, dass Selbstanzeigen sehr viel sorgfältiger gemacht werden müssen und sehr viel länger brauchen, um gemacht werden zu können. Das trifft vor allem dann zu, wenn es eine Kapitalanlage war, bei der sehr viele Geschäfte gemacht werden und jedes einzelne Geschäft einzeln berechnet werden muss. Das kann man eigentlich gar nicht vernünftig schätzen.

Das klingt stark danach, als ob dadurch das ganze Verfahren stark verkompliziert werden würde...

Ja. Selbstanzeigen heutzutage sind etwas völlig anderes als Selbstanzeigen, die wir früher gemacht haben. Früher konnte man relativ problemlos eine Selbstanzeige auf einer Seite unterbringen. Wenn dann fünf Prozent fehlten, dann hat man mit dem Finanzamt über die letzten fünf Prozent verhandelt und dann war die Sache erledigt. Heute ist es so: Wenn fünf Prozent fehlen, ist die Selbstanzeige im Teich. Und das ist das Problem. Dazu kommt, dass das Steuerrecht komplexer geworden ist. Die Zusammenfassung der Besteuerrungsgrundlagen ist schwieriger geworden. Letztlich trägt derjenige, der sich offenbaren will, das Risiko, dass er die richtigen Berater hat. Ob das wirklich der Sinn eines Gesetzes sein kann, da bin ich mir nicht so sicher.

Nützt es Uli Hoeneß jetzt, in Revision zu gehen?

In einer Revision kann man nur Rechtsfehler rügen. Das sind entweder Verfahrensfehler, die begangen worden sind. Das kann ich nicht beurteilen. Das Zweite sind materielle Fehler, das ist die Frage, ob das Recht richtig angewendet worden ist. Da würde es dann um die Frage gehen, ob diese Selbstanzeige doch wirksam ist. Das Strafmaß kann aus Sicht der Verteidigung nicht das Ziel einer Revision sein. Damit kann Herr Hoeneß sehr zufrieden sein.

Es kann letztlich also nur um die Wirksamkeit der Selbstanzeige gehen. Das kann nur der Bundesgerichtshof überprüfen. Als Verteidiger hätte ich vor diesem Schritt ein bisschen Angst. Denn der BGH ist derzeit nicht besonders gut auf Steuerhinterzieher zu sprechen. Da sagen wir immer: "Bad Cases make bad law". Das heißt, wenn der BGH zu dem Schluss kommt, dass die Selbstanzeige nicht wirksam war, dann könnte das in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Hürden für die Selbstanzeige noch höher werden.

Der promovierte Jurist Jochen Bachmann arbeitet als Steueranwalt in Bremen.

Das Interview führte Daniel Heinrich.