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Goethe-Institut in China

19. Juni 2010

Mit Kultur kann man Dinge bewegen - auch da, wo es die Politik schwer hat wie in China. Freiräume eines unzensierten Dialogs sind möglich, meint Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts.

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Chinesische Mauer bei Nacht - mit farbigem Flutlicht angestrahlt (AP Photo/Xinhua, Wang Changxuan)
Bild: AP

DW-WORLD.DE: Herr Lehmann, Sie sind gerade von einer Reise nach China zurück. Gibt es etwas, das die Arbeit des Goethe-Instituts dort von der in anderen Ländern grundsätzlich unterscheidet?

Lehmann: Offiziell haben wir ja nur ein Goethe-Institut in Peking. Das zweite ist unter dem Dach des Generalkonsulats in Shanghai. Zusätzlich aber haben wir in den letzten Jahren eine sehr intelligente Initiative gestartet mit der Gründung von Sprachlernzentren und Informationszentren unter lokaler Trägerschaft. Und damit sind wir in China eben nicht nur an einer Stelle präsent, sondern wir haben - zusätzlich zu Peking, Shanghai und Hongkong - sieben Sprachlernzentren und acht Informationszentren. Das ist für dieses Land ganz ungewöhnlich - anders als in anderen Ländern und eben ein sehr spannendes Kapitel.

Dass Sie sich dort schon so weit vernetzen konnten, klingt ja nach einem gewissen Entgegenkommen von offizieller Seite.

Ja, ich hatte ein Gespräch mit der Vizekulturministerin. Da ging es tatsächlich um die Anerkennung. Es hat lange gedauert, bis wirklich Bewegung in die Sache kam, seit 2007 haben wir uns bemüht. Inzwischen hat man uns dieses Entgegenkommen nicht nur signalisiert, sondern es ist auch in Realität umgesetzt worden. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass wir jetzt als Goethe-Institut in China drei Jahre unterwegs waren, und zwar mit dem Projekt "Deutschland und China in Bewegung". Das war eine wirklich große Initiative, mit der wir durch die großen Städte der Provinzen gezogen sind. Gemeinsam mit der Wirtschaft, mit der Wissenschaft, mit der Politik, und die Federführung lag bei uns. Wir hatten ein Millionenpublikum.

Porträt Klaus-Dieter Lehmann (Foto: Tobias Hase dpa/lby +++(c) dpa - Report+++)
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-InstitutsBild: PA/dpa

Hat das denn auch dazu geführt, dass Sie inhaltlich Akzente setzen können, die der politischen Führung vielleicht nicht immer so gefallen?

Also klar ist, dass die Regierung alle Anstrengungen unternimmt, das staatliche Meinungsmonopol wirklich aufrecht zu erhalten. Aber es gibt auch deutlich spürbare Veränderungen seit 2006, als ich das letzte Mal in China war. Die Zensur wird von kritischen chinesischen Intellektuellen wirklich intelligent unterlaufen. Ob das Ai Wei Wei und seine Künstler sind, mit denen ich gesprochen habe. Ob das die Blogger sind. Es gibt natürlich Tabuthemen, dazu gehört der 4. Juni 1989 - das Massaker auf den Tiananmen-Platz -, dazu zählt auch die Figur Mao Tse Tung. Da kann man nichts machen. Was wir erleben, ist, dass wir tatsächlich im Goethe-Institut unbehelligt arbeiten können. Und das ist ein ganz bedeutender Punkt: Wr haben keine Zensur. Nicht bei unserer Arbeit, nicht was die Besucher angeht, nicht was die Medien betrifft oder unsere Themen.

Können Sie - sozusagen im Verborgenen - ein wenig Schützenhilfe leisten und diesen kritischen Künstlern die Möglichkeit geben, den Freiraum im Goethe-Institut zu nutzen?

Wir arbeiten nicht subversiv. Aber wir haben tatsächlich eine Plattform zu bieten. Und es wird auch akzeptiert, dass wir zivilgesellschaftlichen Initiativen im Goethe-Institut die Chance geben aufzutreten. Es ist ja auch immer auch eine Beobachtung seitens der Regierung dabei. Aber innerhalb der eigenen Räume können wir agieren. Daran wird deutlich, was China heute ist. Es ist immer eine Balance der Widersprüche. Letztlich bringen die Systemkritiker die chinesische Gesellschaft mit kleinen Schritten nach vorne. Die Resonanz auf unsere Veranstaltungen – in denen es beispielsweise auch um Umwelt- oder Bildungsthemen geht – ist ausgesprochen groß.

Sie wollen Ihr Netzwerk ausbauen, die Präsenz in China noch verstärken. Trotzdem soll das Goethe-Institut insgesamt sparen. Was heißt das für Ihre Aktivitäten dort?

Also, für die Arbeit in China bedeutet es eine kritische Phase. Weil wir natürlich jetzt tatsächlich eine Größenordnung erreicht haben, in der wir auch sichtbar sind. Gerade China hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Tätigkeitsfeld entwickelt. Da sind die "Schulen, Partner für die Zukunft". Im Rahmen dieses Projekts bilden Goethe-Institute in vielen Ländern Lehrer aus - für die einheimischen Schulsysteme und mit dem Ziel, dort deutsche Sprachabteilungen einzurichten. Dies sind die sogenannten "PASCH"- die Partnerschulen. Davon gibt es in China inzwischen fünfundsiebzig. Wenn wir die aber jetzt nicht stabilisieren können, dann wäre eine kritische Situation erreicht - mit Blick auf die große Zahl von Deutschlernern, die mit Energie und Begeisterung dieses Deutschland und seine Sprache aufnehmen. Wir haben die Initiative erfolgreich gestartet. Aber jetzt muss sie verstetigt werden.

Das Gespräch führte Aya Bach

Redaktion: Cornelia Rabitz