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Kohl will sich mit Orban treffen

4. April 2016

Altbundeskanzler Helmut Kohl hat gerade seinen 86. Geburtstag begangen. Er sitzt im Rollstuhl, das Sprechen fällt ihm schwer. Dennoch will er laut "Bild"-Zeitung noch einmal politisch aktiv werden - auf heiklem Terrain.

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Deutschland Helmut Kohl
Bild: Getty Images/AFP/D. Roland

Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) will, so schreibt es die "Bild" in ihrer heutigen Ausgabe, in Kürze mit dem umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zusammentreffen. Den genauen Termin und die Umstände des Treffens nannte Kohl nicht. Wie "Bild" weiter schreibt, verteidigte Kohl Orbán ausdrücklich gegen die internationale Kritik an dessen politischem Kurs. Der ungarische Regierungschef gehört zu den schärfsten europäischen Gegnern der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

"Bild"-Herausgeber Kai Diekmann, der seit jeher ein enges Verhältnis zum Altkanzler hat, führte das Gespräch mit Kohl und veröffentlichte am Morgen auch über den Kurznachrichtendienst Twitter Fotos der Begegnung. Dabei hat sich der auf den Rollstuhl angewiesene frühere Bundeskanzler anlässlich seines 86. Geburtstags am 3. April auch zu seinem Gesundheitszustand geäußert. Ihm falle das Sprechen und Schlucken schwer, sagte der CDU-Politiker. Kohl hatte sich im vergangenen Jahr erst einer Hüft-Operation und dann einem Eingriff am Darm unterziehen müssen. In der Folge gab es weitere gesundheitliche Komplikationen.

SPD: Treffen als Chance, Kohl in der Pflicht

Die SPD sieht das geplante Treffen als Chance in der Flüchtlingskrise. "Helmut Kohl ist ein überzeugter Europäer, der vielleicht positiv auf Orbán einwirken kann", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Partei nehme Kohl aber auch in die Pflicht: "Er muss die Gelegenheit auch nutzen, um mit Orbán Klartext zu reden über die Presse- und Meinungsfreiheit in Ungarn und sein Verhalten in der Flüchtlingskrise."

In der CDU-Spitze wurde das Treffen mit Zurückhaltung aufgenommen. Die stellvertretende Vorsitzende Julia Klöckner sagte in Berlin über Kohl: "Er ist ein freier Mensch und ein Weltpolitiker gewesen." Andere CDU-Politiker wollten sich öffentlich nicht äußern. Die Bundesregierung selbst äußert keine Kritik an dem geplanten Treffen. "Der Altbundeskanzler ist selbstverständlich vollkommen frei in der Auswahl seiner Besucher oder der Menschen, die er trifft", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Wir freuen uns, wenn sein Zustand es ihm erlaubt, rege Anteil zu nehmen am politischen Leben."

Für Merkel oder gegen sie?
Denn den möglichen Kontakt Kohls kann man aber auch als Kritik an seiner Nachfolgerin, der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel, werten. Die "Bild" zitiert auch aus einem demnächst erscheinenden Buchbeitrag Kohls zur europäischen Politik. "Einsame Entscheidungen, so begründet sie dem Einzelnen erscheinen mögen, und nationale Alleingänge müssen der Vergangenheit angehören. Sie sollten im Europa des 21. Jahrhunderts kein Mittel der Wahl mehr sein, zumal die Folgen von der europäischen Schicksalsgemeinschaft regelmäßig gemeinsam getragen werden müssen", schreibt Kohl da.

Seit Oktober 2015 lebt der Altkanzler wieder in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim und wird dort unter anderem von seiner Frau Maike Kohl-Richter betreut. Beinahe täglich, vertraute Kohl der "Bild" an, trainiere er nun auf dem Ergometer. Fernsehen schaue er kaum noch, nur Nachrichten und gelegentlich Fußball. Von einem Arzt begleitet, habe Kohl bereits wieder einige Ausflüge unternommen, so an Weihnachten zum Speyerer Dom und an den Rhein. Als seinen Geburtstagswunsch gab Kohl an: "Kraft. Und noch ein paar gute Jahre."

ml/mm (dpa, BILD)