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Ballkontrolle auf technische Art

Chiponda Chimbelu3. April 2013

Der Weltverband FIFA hat einem deutschen Unternehmen aus der Nähe von Aachen den ersten Zuschlag für die Torlinientechnik gegeben, die, wenn sie sich bewährt, auch bei der WM 2014 eingesetzt werden soll.

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Nationaltorwart Manuel Neuer schaut im WM-Viertelfinale 2010 gegen England dem Ball nach, der eindeutig hinter der Linie ist. Foto: AP
Bild: AP

Wie in jedem anderen Sport gibt es auch für eingefleischte Fußballfans Alpträume. Zu den haarsträubendsten für englische Anhänger gehören Maradonas "Hand Gottes" - sein legendäres Handspiel, das im Viertelfinale der WM 1986 der Argentinier gegen England als reguläres Tor gezählt wurde - und Frank Lampards Treffer, der im WM-Viertelfinale 2010 gegen Deutschland nicht anerkannt wurde, weil es der Schieds- und Linienrichter schlicht falsch gesehen hatten.

Solche Fehlentscheidungen sollen nach dem Willen des Fußballweltverbands FIFA der Vergangenheit angehören. Im Februar hatte die FIFA beschlossen, bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien Torlinientechnik anzuwenden. Jetzt erteilte sie der deutschen Firma GoalControl in Würselen bei Aachen den Zuschlag für das erste derartige System, das bei einem großen Turnier eingesetzt werden soll. Bewähren muss sich GoalControl noch im Juni beim Confed-Cup in Brasilien.

Der frühere Bundesliga-Profi Torben Hoffmann begrüßt die Entscheidung der FIFA, die Torlinientechnik einzuführen. "Letztendlich hängt so viel am Fußball, da wird so viel investiert", sagt Hoffmann. Fußball ist heutzutage eben nicht mehr nur Sport, sondern ein großes Geschäft. Glamouröse Superstars kassieren Millionensummen. Sponsoren pumpen viel Geld in den Fußball, in der Hoffnung, dass die Fans weltweit ihre Marke wahrnehmen.

Computeranimation Torlinientechnik GoalControl. Foto: FIFA/GoalControl
Überwachungskameras für den Torraum hängen unter dem StadiondachBild: picture-alliance/dpa

Fußball in 3 D

Die FIFA hat vier Torlinientechnik-Systeme genehmigt: das bereits im Tennis eingesetzte "Hawk-Eye" aus Großbritannien sowie drei deutschen Systeme, darunter GoalControl, das jetzt den ersten Zuschlag erhielt.

GoalControl benutzt 14 Kameras, sieben für jedes Tor. Sie sind unterhalb des Stadiondachs montiert. Mit einer speziellen Software erzeugt das System ein 3-D-Bild von der Position des Balls im Torraum. "Wenn der Ball die Linie überquert hat, sendet das System innerhalb einer Sekunde ein Signal an die Uhr des Schiedsrichters", sagt Dirk Broichhausen, der Geschäftsführer von GoalControl. Pro Sekunde liefern die 14 Kameras 500 Einzelbilder in einer Gesamtdatenmenge von zwei Gigabyte, die per Glasfaserkabel an 15 Computer übermittelt werden.

Die Technik soll lediglich die Referees unterstützen. Die letzte Entscheidung, ob ein Tor gegeben wird, liegt weiterhin beim Schiedsrichter. Im Tennis hat sich ein ähnliches System bereits bewährt. Seit 2005 wird dort bei Turnieren das so genannte "Hawk-Eye" (Falkenauge) eingesetzt. Kameras überall im Stadium ermöglichen es, den Landepunkt des Balles aus verschiedenen Perspektiven nachzuzeichnen und auch für die Zuschauer sichtbar zu machen.

Chip im Ball. Foto: Oliver Braun
Chip im BallBild: Oliver Braun

Wie Sicherheitsschranken gegen Ladendiebe

Die FIFA-Pläne, Torlinientechnik einzusetzen, führten auch zur Entwicklung von Systemen mit Sensoren. So hat das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen mit GoalRef ein System auf den Markt gebracht, das so ähnlich funktioniert wie Sicherheitsschranken in Kaufhäusern, die piepsen, wenn jemand versucht, einen Artikel zu stehlen. Rund um das Tor wird ein Magnetfeld erzeugt. Überquert der Ball die Torlinie, wird ein Alarmsignal ausgesendet. "Wir nutzen einen Spezialball (mit Kupferscheiben)", erklärt René Dünkler vom Fraunhofer-Institut. "Ist der Ball über der Linie, erkennt das intelligente Torsystem dies und übermittelt die Information drahtlos an die Uhr am Handgelenk des Schiedsrichters."

Das vierte von der FIFA lizenzierte System arbeitet nach ähnlichem Muster. Der Hauptunterschied zum Modell des Fraunhofer-Instituts besteht darin, dass die elektrischen Kabel, die das Magnetfeld erzeugen, im Rasen verlegt sind. Ein Chip im Ball sendet die Informationen an die Uhr der Schiedsrichter.

Einspruchsrecht für Spieler?

Kann die Torlinientechnik im Fußball ähnlich eingesetzt werden wie das "Hawk-Eye" im Tennis? Dort haben die Spieler seit 2005 die Möglichkeit, zwei bis drei Mal pro Satz den Arm zu heben, wenn sie eine Schiedsrichter-Entscheidung, ob der Ball aus war oder nicht, mittels der Technik überprüfen lassen wollen. Stellt sich heraus, dass der Spieler Recht hatte, wird der Punkt ihm gut geschrieben oder neu ausgespielt. Im Fußball wäre eine solche Regeln nicht sinnvoll, meint Ex-Profi Torben Hoffmann: "Irgendwo muss man eine Grenze ziehen. Ich sehe die Torlinientechnik nur als Hilfe für den Schiedsrichter."

In der englischen Premier League soll die Technik bereits in diesem Jahr installiert werden, in der Bundesliga frühestens in der Saison 2015/2016.