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Dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit in Bangladesch

Ana Lehmann23. März 2009

Die Wirtschaftskrise trifft die Entwicklungsländer besonders hart. In Bangladesch leidet die Textilbranche unter dem Nachfrageeinbruch nach Jute. Die Konsequenzen für den Arbeitsmarkt sind weitreichend.

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Textilarbeiter in einer Produktionshalle
Die Textilindustrie ist Hauptbestandteil der Wirtschaft in BangladeschBild: AP

Bangladesch ist der weltweit größte Produzent von Jutefasern. Jute ist eines der wichtigsten Exportgüter Bangladeschs. Rund 85 Prozent der in Bangladesch gewonnenen Jute geht ins Ausland, entweder als Rohprodukt oder verarbeitet zu Taschen, Säcken oder Teppichen. Zusammen mit Textilien und Lederwaren macht sie rund vier Fünftel der Deviseneinnahmen aus. Doch seit Herbst 2008 ist die Nachfrage danach stark zurückgegangen, klagt Ebari Khan vom Verband der Jutespinnereien in Bangladesch. "Ob Amerikaner oder Australier, die meisten Kunden weigern sich, die Produkte entgegenzunehmen", sagt Ebari Khan. "Sie sagen uns, dass sie gerade nichts annehmen können aufgrund der globalen finanziellen Rezession."

Eine Frau trägt zwei Jutebeutel in den Händen
Jute aus Bangladesch wird weltweit exportiertBild: picture-alliance/ dpa

Die Jutespinnereien des Landes mussten ihre Produktion um bis zu 40 Prozent zurückfahren. Viele haben die Arbeit ganz eingestellt. Rund 30.000 Beschäftigte verloren ihren Job. Ebari Khan ist verzweifelt. Die Arbeiter seien in Panik. Sie glauben, "wenn die Regierung kein Maßnahmenpaket verabschiedet um ihre Industrie zu schützen, dann werden alle Unternehmen bald schließen müssen", sagt Khan. Dann würden mit einem Schlag rund zwei Millionen Menschen ihre Arbeit verlieren.

Angst vor dem Domino-Effekt

Ein ähnliches Schicksal droht auch den rund 2,5 Millionen Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie, wenn die Abnahmequoten weiter zurückgehen. Und noch eine andere entscheidende Devisenquelle ist in Gefahr: die Überweisungen der Arbeitsmigranten. In den vergangenen Jahren sind Millionen Menschen nach Saudi Arabien, Malaysia oder Hongkong ausgewandert, um dort Arbeit zu finden. Ihre Gelder halfen nicht nur den Familien zu Hause, sondern hielten auch die Wirtschaft des Heimatlandes in Schwung. Doch das könnte sich nun ändern, meint Uttam Kumar Deb, Wirtschaftsexperte bei dem Forschungsinstitut Centre for Political Dialogue in der Hauptstadt Dhaka. "In diesem Jahr hat die Zahl der Menschen, die zum Arbeiten ins Ausland gehen, abgenommen. Vor kurzem hat die Regierung Malaysias entschieden, 55.000 Visa-Anträge auf Eis zu legen oder zurückzunehmen." Deb befürchtet, dass dies negative Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt haben wird. "Denn nun kommt hier eine große Zahl Arbeitssuchender zusätzlich auf den Markt und wir haben keine angemessenen Angebote", sagt er.

Textilarbeiter sitzen an Nähmaschinen
Textilarbeiter sitzen an NähmaschinenBild: picture-alliance/GUDONG

Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) wies kürzlich auf die dramatischen Auswirkungen der weltweiten Rezession auf Entwicklungsländer hin. ADB-Direktor Ashok Sharma warnte im australischen Rundfunk: "Wenn Arbeitsplätze verloren gehen, dann hat das einen Domino-Effekt in allen Bereichen bis nach ganz unten". Das beträfe auch den Bildungssektor. "Wenn die Kinder nicht zur Schule gehen, werden die Schulen geschlossen und die Lehrer verlieren ihren Job. Das ist ein Teufelskreis." Daher empfielt er dringend, Arbeitsplatzbeschaffungs-Programme zu starten. Dadurch werde denjenigen geholfen, die am stärksten betroffen sind. Sharma hofft, dass dadurch der Finanzsektor reformiert werden könnte, wenn zuerst der Verlust von Arbeitsplätzen gestoppt werde.

Keine Maßnahmen in Sicht

Die Beschäftigten der Juteindustrie haben sich bereits mit Empfehlungen an die Regierung gewandt, um den drohenden Verlust ihrer Arbeitsplätze abzuwenden. Um konkurrenzfähig zu sein, braucht Bangladesch gezielte Investitionsanreize und ein Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Konjunktur, sagt Wirtschaftsfachmann Uttam Kumar Deb. "Wir brauchen ein integratives Programm, das eine Balance herstellt zwischen Produktivitätssteigerung und der Schaffung von Arbeitsplätzen einerseits und einem sozialen Sicherheitsnetz andererseits", sagt Deb. "So können sowohl die Berufstätigen als auch diejenigen, die keine Möglichkeit zur beruflichen Entfaltung haben, abgesichert und aus der Armut herausgeführt werden."

Noch denkt die Regierung über Maßnahmen nach. Doch Experten fürchten: Wenn sie nicht bald handelt, dann steht nicht nur die wirtschaftliche Zukunft, sondern auch die soziale Stabilität des Landes auf dem Spiel.