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Bangui droht zu fallen

27. Dezember 2012

Von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet, spitzt sich die Lage in der Zentralafrikanischen Republik immer mehr zu. Rebellen stehen kurz vor der Hauptstadt Bangui. Frankreich entsandte Soldaten.

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Demonstration in Zentralafrika vor der französischen Botschaft in Bangui Foto: REUTERS
Bild: Reuters

Die Zentralafrikanische Republik droht ins totale Chaos zu stürzen. Das Land, das als eines der ärmsten der Welt gilt, hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit auflodernder Anarchie zu kämpfen. Mal machten mordende Straßenräuber die Hauptverkehrsstraßen unsicher, mal probten im Norden und Osten des Landes Bewaffnete den Aufstand. Nun schlossen sich verschiedene Rebellengruppen zusammen und nahmen einen Ort nach dem anderen ein. Unbestätigten Berichten zufolge befinden sie sich inzwischen nur noch 75 Kilometer von der Hauptstadt Bangui entfernt.

Ersatzfeind Frankreich

Auf der anderen Seite schlägt im Land inzwischen die Furcht vor neuen Rebellenangriffen in Wut über die ehemalige Kolonialmacht Frankreich um. Rund einhundert aufgebrachte Demonstranten bewarfen die französische Botschaft in Bangui mit Steinen. Sie beschuldigten Frankreich, nicht genug gegen die jüngste Offensive der Aufständischen getan zu haben.

"Nein zum Krieg!" und "Nein zu Frankreich", war auf Transparenten der Demonstranten zu lesen. Die teils mit Knüppeln bewaffneten Protestler hielten Autos an, um sie auf ausländische Insassen zu prüfen. Der französische Botschafter in der Zentralafrikanischen Republik, Serge Mucetti, bezeichnete die Proteste als nicht hinnehmbar. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schaltete sich ein und verurteilte die Angriffe.

In Bangui wächst derzeit die Angst, dass sich die Hauptstadt in einen Schauplatz blutiger Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen verwandeln könnte. Die Aufständischen haben bereits mindestens zehn Städte erobert. Rebellenführer Djouma Narkoyo erklärte, die jüngste Offensive sei eine Reaktion auf Angriffe der Regierungstruppen auf Rebellenstellungen. Eine Eroberung Banguis sei nicht geplant.

Über die Gründe für diese militärische Schwäche einer Staatsarmee braucht man nicht zu spekulieren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik nicht nur schlecht ausgebildet sind, sondern auch schlecht bezahlt werden und vor diesem Hintergrund als unmotiviert gelten.

Rebellen nutzen soziale Not

Anders die Rebellen. Die jüngsten militärischen Erfolge geben ihnen Auftrieb. Bislang verlangten sie von der Regierung die Umsetzung mehrerer Vereinbarungen aus in den vergangenen Jahren unterzeichneten Friedensabkommen. Inzwischen sind sie nach eigenen Angaben aber auch bereit, Staatschef François Bozizé zu stürzen. Dieser ist seit einem Putsch im Jahr 2003 an der Macht, aber wenig beliebt, denn ihm und auch den meisten Regierungsbeamten werden Korruption und Vetternwirtschaft vorgeworfen. Die Bevölkerung lebt derweil in Armut, es fehlt an Schulen und medizinischer Versorgung. Lepra und die durch Tse-Tse-Fliegen übertragene Schlafkrankheit sind in der Zentralafrikanischen Republik zwar nicht weit verbreitet, aber noch immer existent.

Central African Republic President Francois Bozize arrives before the round table of the partners of the Central African Republic held in Brussels on June 17, 2011. AFP PHOTO JOHN THYS (Photo credit should read JOHN THYS/AFP/Getty Images)
Die Zukunft von Staatschef François Bozizé ist ungewissBild: JOHN THYS/AFP/Getty Images

Die unterschiedlichen Rebellengruppen, die sich zu einem Bündnis namens Séléka ("Allianz") zusammenschlossen, machen sich jetzt die Not der Menschen zunutze und behaupten, auch gegen die Misswirtschaft der Regierung Bozizé vorgehen zu wollen.

Wird Bangui fallen?

Die Aufständischen erklärten, Bangui nicht einnehmen zu wollen. Das sei nicht nötig, denn Staatschef Bozizé habe bereits "die Kontrolle über das Land verloren". Wie es nun tatsächlich weitergeht, ist allerdings unklar. Bozizé hatte jüngst Truppen aus dem benachbarten Tschad zu Hilfe gerufen. Diese bezogen Stellung vor der Hauptstadt. Und auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich könnte in den Konflikt hineingezogen werden, denn seit 1960 existiert ein Verteidigungspakt.

Der französische Staatspräsident François Hollande entsandte zunächst einmal 250 Soldaten. Sie sollen den Angaben zufolge vor allem die französische Botschaft in Bangui schützen. Einen weitergehenden Einsatz französischer Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik zum Schutz der Regierung schloss Hollande jedoch aus. "Wir sind dort nur zum Schutz unserer Bürger und unserer Einrichtungen präsent, nicht zum Schutz des Regimes, sagte der französische Präsident in Paris. Keinesfalls werde Frankreich sich in die inneren Angelegenheiten eines Landes einmischen. "Diese Zeiten sind vorbei", betonte Hollande.

Eine deutsche Botschaft gibt es in Bangui seit 1997 nicht mehr. Das Auswärtige Amt warnt derzeit wegen "hoher Sicherheitsrisiken und zunehmender Kampfhandlungen" vor Reisen in das verarmte Land. Die USA forderten ihre Bürger auf, die Zentralafrikanische Republik zu verlassen. Die Vereinten Nationen kündigten an, ihr Personal auf das Notwendigste zu beschränken.

jh/gb/re/fab (afp,rtr,dpa)