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Banken sollen sich selbst retten können

6. Juni 2012

Die EU will bei Bankenkrisen künftig Aktionäre und Gläubiger zur Kasse bitten - und die Steuerzahler entlasten. Der lang erwartete Richtlinienentwurf aus Brüssel kann den Spaniern jedoch nicht mehr helfen.

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Die Skyline des Bankenviertels in Frankfurt am Main ( Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Es geht darum, in Zukunft einen gemeinsamen Fonds zu schaffen, der von den Banken finanziert wird - und nicht das Geld der europäischen Steuerzahler nutzt", sagte der Sprecher von Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Alle EU-Staaten sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig Krisenfonds für die Restrukturierung und Abwicklung von Banken einrichten, die durch nationale Bankenabgaben finanziert werden sollen. Der 156 Seiten umfassende Textentwurf sieht vor, dass ein Abwicklungsfonds binnen zehn Jahren ein Vermögen in Höhe von einem Prozent der Einlagen aller erfassten Banken ansammeln soll.

Mehr Rechte für Bankenaufsicht

Zugleich will Brüssel den Aufsichtsbehörden mehr Eingriffsrechte geben, um Bankenkrisen zu verhindern. Damit sollen angeschlagene Institute rechtzeitig zum Umsteuern gezwungen werden können. Die Behörden könnten somit die Entlassung des Managements, die Aufgabe bestimmter Geschäftszweige oder Umschuldungsgespräche anordnen.

Moody's stuft deutsche Banken herab

Droht die Insolvenz, sollen Aktionäre und Gläubiger der Institute in einer genau festgelegten Reihenfolge einspringen müssen (englisch "Bail-in"). Die Bank würde sich über die Abschreibung von Schulden stabilisieren. Dieses Element soll erst von 2018 an gelten. Mit den neuen Regeln will die EU-Behörde eine Lücke schließen, denn bisher gibt es noch nicht in allen EU-Ländern solche Fonds zur Abwicklung von Krisenbanken.

Aktuelle Kapitalprobleme werden nicht gelöst

Der Vorschlag von EU-Kommissar Barnier hat zunächst nichts mit der jüngsten Debatte um eine gesamteuropäische "Bankenunion" zu tun, weil er nur nationale Fonds und eine nationale Aufsicht darüber vorsieht. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso sprach allerdings von einem "bedeutenden Schritt zu einer Bankenunion".

Der Vorschlag wird erst dann Gesetz, wenn das Europaparlament und der Ministerrat, in dem die EU-Regierungen vertreten sind, zustimmen. Dies dürfte ein Jahr oder länger dauern - der Entwurf kann daher die aktuellen Kapitalprobleme beispielsweise der spanischen Banken nicht lösen.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier (Foto: dapd)
Will die Banken stärker in die Pflicht nehmen: EU-Binnenmarktkommissar Michel BarnierBild: dapd

Kritik aus Deutschland

Doch eine europäische Bankenunion stößt in der FDP auf Widerstand. Fraktionschef Rainer Brüderle warf der Brüsseler Behörde im "Handelsblatt" vor, falsche Signale zu setzen. Jeder Staat in Europa sei durch den Rettungsschirm ESM in der Lage, seine Finanzmärkte zu stabilisieren. Die EU-Kommission erwecke den Eindruck, "als würde sie den beschlossenen Mechanismen nicht vertrauen", kritisierte Brüderle.

Die deutsche Kreditwirtschaft begrüßt die nationalen Bankenfonds zwar grundsätzlich, warnt aber davor, daraus eine Bankenunion zu machen. Ein europäischer Haftungsverbund sei ein "Irrweg", klagt Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes (BdB). "Es ist nicht gerechtfertigt, die Kosten einer Restrukturierung eines Instituts, die zum Beispiel auch auf dem Versagen einer nationalen Aufsichtsbehörde beruhen können, auf Institute in anderen Mitgliedstaaten abzuwälzen", sagte er.

det/ul/rb (afp, dapd, dpa, rtr)