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'Das Positive mitnehmen'

Alex Schossler2. Juni 2008

Der Schweizer Fußballprofi Tranquillo Barnetta sieht Chancen für sein Nationalteam, bei der EM 2008 das Viertelfinale zu erreichen. Der Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

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Der Schweizer Fußball-Nationalspieler Tranquillo Barnetta (Quelle: ap)
Der Schweizer Fußball-Nationalspieler Tranquillo BarnettaBild: AP

DW-WORLD.DE: Herr Barnetta, hat die Schweiz als Gastgeber der Europameisterschaft 2008 schon alles vorbereitet?

Ich denke schon, es dauert noch immer ein bisschen, bei uns freuen sich alle darauf. Ich bin mir sicher, es wird ein schönes Fest.

Und für die Nationalmannschaft?

Wir haben noch ein paar Vorbereitungsspiele, aber wir sind auf einem guten Weg und ich bin überzeugt, dass wir eine gute EM spielen werden.

Sie sind nicht nur einer der Leistungsträger dieser Mannschaft, sondern auch einer von den Hoffnungsträgern der Zukunft des schweizerischen Fußballs. Was für eine Verantwortung bedeutet das für Sie?

Die Verantwortung liegt nicht nur bei mir, wir müssen als Mannschaft versuchen, eine gute EM zu spielen. Dabei werde ich versuchen, mein Bestes zu geben, der Mannschaft zu helfen und dann bin ich überzeugt, dass wir ein erfolgreiches Turnier spielen werden.

Sie sind auch immer noch ein sehr junger Spieler. Glauben Sie, dass diese Erfahrung, nach einer WM bei der EM zu spielen, Ihnen dabei hilft, zu einem Führungsspieler zu reifen?

Ja, ich werde versuchen, dabei wieder alles Positive mitzunehmen, um mich weiter zu entwickeln und dann wird man sehen, wohin es mit meiner Karriere noch geht.

Sie haben eigentlich während fast ihrer ganzen Karriere in der deutschen Bundesliga gespielt. Was bringt denn diese Erfahrung für die Schweizer Nationalmannschaft?

Es bringt sehr, sehr viel. International zu spielen ist trotzdem jedes Mal noch etwas anderes als in der Bundesliga. Es ist noch ein höheres Niveau und deshalb bin ich froh, dass ich für die Schweizer Nationalmannschaft spielen darf.

Für die Schweizer hat der deutsche Fußball auch eine besondere Bedeutung. Es gibt mindestens 5 oder sogar 6 Spieler, die in der Bundesliga auf Topniveau spielen und auch bei der Nationalmannschaft fast gesetzt sind …

Ja klar, das ist sehr schön. Wir sind froh, dass wir Leute haben, die in dieser guten Liga spielen können und deshalb ist es auch sehr positiv für uns.

Im Rahmen der EM gibt es eine besondere und spannende Begegnung: die Schweiz gegen die Türkei. Das letzte Mal, als beide Mannschaften gegeneinander spielten, war in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Deutschland. Das Spiel endete in einem Krawall. Ist schon alles vergessen?

Ja, das ist eine Zeit her. Ich glaube nicht, dass das so in der Schweiz wieder passieren wird, sondern das war eine einmalige Sache, und nach dem Spiel wird diese Sache vergessen sein.

Lassen Sie uns über die Gegner der Schweiz in der ersten Runde reden. Wir haben schon die Türkei erwähnt, wie schätzen Sie denn diesen Gegner ein?

Ich glaube, diese Mannschaft ist sehr ausgeglichen. Natürlich, wenn wir weiterkommen wollen, müssen wir gegen die Türkei gewinnen.

Dann kommt Portugal, eine sehr, sehr starke Mannschaft …

Ja, auf jeden Fall. Sie sind wahrscheinlich die stärksten in der Gruppe - zusammen mit Tschechien natürlich. Wenn man schaut, wer da spielt, da sind wirklich Weltstars dabei. Wir müssen Gas geben, um mit ihnen mitzuhalten.

Der Trainer Jakob Kuhn hat sich das Viertelfinale als das Ziel der Mannschaft vorgenommen. Ist es ein realistisches Ziel oder geht er vielleicht zu weit, um die Leute zu begeistern?

Nein, es ist realistisch. Wir wissen, dass es sehr schwer wird, unsere Gruppe ist sehr ausgeglichen, aber jeder kann jeden schlagen. Deshalb hoffe ich, dass wir auf einen der ersten zwei Plätze der Gruppe kommen, und dann schauen wir, wie es weitergeht.

Wer wird Europameister?

Das werden wir sehen. Für mich sind wieder Italien, Deutschland und Frankreich die Favoriten.

Und auf dem vierten Platz vielleicht die Schweiz?

Mal sehen, wir hoffen, dass wir eine Überraschung schaffen - und der vierte Platz wäre sehr gut.

Das wäre eine sensationelle Entwicklung für die Schweizer Nationalmannschaft kurz vor der Übernahme des Postens des Nationaltrainers durch Ottmar Hitzfeld …

Ja genau. Jetzt arbeiten wir erst noch Mal mit Jakob Kuhn zusammen, wir machen das alles bei der EM fertig und dann bin ich mir sicher, dass wir mit Otmar Hitzfeld einen super Trainer für nachher haben.

Gastgeber zu sein bedeutet auch einen zusätzlichen Druck für die ganze Mannschaft, sie spielt vor den eigenen Leuten und in ihren eigenen Stadien. Sehen Sie es auch so?

Ja klar. Wir müssen versuchen, das nicht als Druck zu sehen, sondern als Chance, die Leute hinter uns zu haben und dann so über uns hinauswachsen zu können. Ich bin überzeugt, dass es nicht lähmend wirkt, sondern eher positiv für uns ist.

Können die Besucher aus anderen Ländern während der EM in der Schweiz auch so eine Stimmung erwarten, wie sie in Deutschland während der WM in 2006 herrschte?

Ja, ich glaube schon. Vielleicht wird es nicht solche Menschenmassen geben, weil alles in der Schweiz ein bisschen kleiner ist, aber die Euphorie wird dieselbe sein.

Tranquillo Barnetta (23 Jahre) ist 2004 von seinem Heimatklub St. Gallen nach Deutschland gekommen, um bei Bayer Leverkusen zu spielen. Für die Saison 2004 / 2005 wurde der Mittelfeldspieler an Hannover 96 ausgeliehen. Im Juni 2005 kehrte Barnetta zurück nach Leverkusen. Seitdem ist er nicht mehr aus der Stammformation des Vereins wegzudenken. Vor zwei Jahren nahm er an der WM in Deutschland teil und erzielte eins von insgesamt vier Toren der Schweiz in diesem Turnier.