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Barrierefrei ins Internet

Sönje Storm

Seit April 2002 ist in Deutschland ein neues Gesetz in Kraft, das die Gleichstellung von Behinderten festschreibt.

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Bild: AP

Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes ist die sogenannte "Barrierefreiheit". Das heißt: Busse, Gebäude, Technik – das alles sollen Behinderte ohne fremde Hilfe nutzen können, soll ihnen verfügbar gemacht werden. Dazu gehört nicht zuletzt auch das Internet. Denn Webseiten werden immer bunter, haben immer mehr Bilder und Grafiken, die für Sehbehinderte zum Beispiel schwer zu erfassen sind.

Recht scheppernd und quäkig klingt ein digitaler Screen-Reader. Aber er sorgt dafür, dass auch blinde Menschen ihren Weg ins Internet finden. Sie können Bilder und Symbole auf dem Monitor durch eine Textbeschreibung erkennen. Neben dem Screen-Reader gibt es auch Software für andere Handicaps. Wer beispielsweise keine Maus bedienen kann, programmiert seinen Computer so um, dass er ausschließlich mit der Tastatur arbeitet. Ältere Menschen, deren Sehkraft nachgelassen hat, nutzen oftmals eine Software, die die Buchstaben auf dem Monitor vergrößert darstellt.

Matthias Klaus ist seit seiner Geburt blind. Das Internet bedeutet für den Journalisten eine enorme Erleichterung in seiner Arbeit - wenn er es denn lesen kann. Denn: in manchen Fällen streikt sein Screen-Reader, zum Beispiel wenn die Beschreibungen hinter Bildern oder Symbolen fehlen. Matthias Klaus :

"Ich war zum Beispiel mal auf einer Seite "Reisen für Behinderte". Die war so programmiert, dass man sie nicht lesen konnte. Da habe ich mir dann auch die Mühe gemacht, da anzurufen und denen das zu sagen. Die taten dann ganz unschuldig, sie wüssten von nix. Geändert haben sie das aber bis heute nicht."

Für Matthias ist das ärgerlich, wenn er einfach nur surfen will. Aber auch ein echter Nachteil. Denn gerade Behinderte sollten durch das Internet Erleichterung im Alltag haben.

"Wenn ich zum Beispiel in der Lage wäre, meine Bank online zu benutzen , dann brauche ich auch niemanden mehr, der mir meine Kontoauszüge vorliest und muss mich nicht mehr so offenbaren!"

Nicht nur Banken, sondern auch viele andere Unternehmen begreifen ihre Webseiten als eine Art Visitenkarte. Da wird kreativ gewerkelt, auf dass Farben, Formen und Graphiken einer Seite der Unternehmensphilosophie entsprechen. Durch diese festgelegte Programmierung sind die Seiten für die behindertengerechte Software nicht mehr einlesbar. Henrike Gappa vom Fraunhofer Institut für angewandte Informationstechnik in St. Augustin erläutert:

"Wenn die darauf fixiert sind, dass ihr Webangebot in einem bestimmten Schrifttyp erscheinen muss und in einer bestimmten Schrifttyp-Größe, dann hat der Webdesigner ein Problem, sein Angebot barrierefrei zu gestalten, weil das eben ein Kriterium ist, dass Schrifttypen anpassbar sein müssen."

Hernrike Gappa arbeitet in einer Arbeitsgruppe, die behinderten Usern den Zugang zum Web erleichtern will. Die Wissenschaftler helfen Behörden und Unternehmen dabei, Zugangsbarrieren im Internet abzubauen. Betriebe haben sich bisher oft dagegen gesperrt, behindertengerechte WebSeiten anzubieten. Das klang kompliziert und nach Extra-Ausgaben.

Die Fraunhofer-Gruppe versucht nun klar zu machen, das das nicht stimmt. Man muss keine speziellen WebSeiten anbieten für Behinderte. Eine Version reicht für alle User. Der Knackpunkt ist: Sie muss kompatibel sein für die Software der Behinderten. Henrike Gappa:

"Wir können Webdesigner trainieren oder helfen Unternehmen oder auch Behörden, beraten Sie dahingehend, wie ihre Webdesigner ihre Web-Pages programmieren können, dass sie eine Version haben, auf die mit jeder Zugangs-Software zugegriffen werden kann, dass dann die eine Webseite entsprechend den Einstellungen der Benutzer darstellbar ist."

Privatunternehmen können nicht gezwungen werden, ihre Webseiten umzurüsten. Behörden aber müssen - das neue Gleichstellungsgesetz für Behinderte verpflichtet sie dazu, über kurz oder lang allen Usern den Zugang zu ihren Internet-Angeboten zu gewährleisten.