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Keine Überraschung - Barroso bleibt im Amt

16. September 2009

Aller Kritik zum Trotz - die EU-Parlamentarier in Straßburg haben den amtierenen EU-Kommissionspräsidenten mit klarer Mehrheit im Amt bestätigt.

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Glückwünsche für Barroso(Foto: AP)
Glückwünsche zur WiederwahlBild: AP

Dass der alte Kommissionspräsident auch der neue werden würde, war keine Überraschung. Offen blieb bis zuletzt nur, wie groß die Zustimmung der Parlamentarier für José Manuel Barrosos zweite Amtszeit ausfallen würde. Nach kleineren Pannen mit den Abstimmungscomputern konnte EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek letztendlich unter lautem Applaus eine klare Mehrheit für Barroso verkünden.

Barroso: (Foto: AP)
José Manuel Barroso: 'Es gibt viel zu tun'Bild: AP

Der einzige Kandidat erhielt 382 Ja-Stimmen gegenüber 219 Nein-Stimmen und 117 Enthaltungen. Insgesamt gaben von 736 Parlamentariern 718 gültige Stimmen ab. Lächelnd und winkend betrat José Manuel Barroso nach der Abstimmung den Plenarsaal. Das gute Ergebnis motiviere ihn, weiterhin für ein "Europa der Freiheit und der Solidarität zu kämpfen", so Barroso: "Das ermutigt mich sehr für die schwierigen Aufgaben in der Zukunft. Es gibt viel zu tun."

Wer sind Barrosos Unterstützer?

Barroso spricht im EU-Parlament (Foto: AP)
Wer unterstützt ihn? (Foto: AP)Bild: AP

Der Großteil der Ja-Stimmen kam erwartungsgemäß aus dem Lager der Konservativen. Außerdem stimmten große Teile der Liberalen, einige Sozialdemokraten, aber auch EU-Skeptiker für den 53-jährigen Portugiesen, der schon im Juni von den EU-Staats- und Regierungschefs einstimmig als Kandidat benannt worden war.

Die zweitstärkste Fraktion der 184 Sozialisten und Demokraten hatte sich laut ihrem Vorsitzenden Martin Schulz vorab auf eine Enthaltung verständigt - obwohl Barroso zuletzt noch einen entschlossenen Kampf gegen Dumpinglöhne angekündigt hatte. "Es gibt keine Zustimmung unserer Fraktion zu diesem Mann, er ist der falsche Kandidat", so Schulz vor der Wahl. Einige Sozialdemokraten - vor allem jene aus Barrosos Heimatland Portugal - wählten ihn offenbar trotzdem.

Chamäleon oder Brückenbauer?

Cohn-Bendit (Foto: AP)
Daniel Cohn-Bendit (Grünen-Franktion)Bild: AP

Den Grünen und den Linken reichten Barrosos Versprechen, gegen soziale Ungerechtigkeiten zu kämpfen und sich für Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz einzusetzen, nicht aus: Wie schon vorab angekündigt, stimmten diese beide Fraktionen geschlossen gegen Barroso, dem sie "Wankelmütigkeit" und "politische Schwäche" gegenüber den Interessen mächtiger Nationalstaaten wie Deutschland oder Frankreich attestieren.

Der Ko-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Daniel Cohn-Bendit, hat dem überaus anpassungswilligen Barroso einmal kritisch den Spitznamen "Chamäleon" verpasst. Barroso selbst bevorzugt die Formulierung "Brückenbauer" und setzt weiter auf Kompromisse: "Leute, die Konsens als Schwäche ansehen, haben keine Ahnung von Europa". Auf Wunsch der Liberalen will Barroso künftig einen Grundrechtekommissar einführen, den Grünen stellte er einen Klimaschutzkommissar in Aussicht.

Schwierige Kommissionsbildung

Eigentlich endet die fünfjährige Amtszeit der ersten Barroso-Kommission bereits am 31.10.2009. Doch eine Verlängerung ist wegen der Verzögerung des EU-Vertrags unumgänglich. Bevor er ein neues Team zusammenstellen kann, muss Barroso zunächst das Ergebnis des zweiten Referendums in Irland über den Lissabon-Vertrag am 02.10.2009 abwarten. Die Auswahl der Kommissare könne erst stattfinden, wenn Klarheit über die künftige Vertragsgrundlage herrsche, so Barroso. "Ich hoffe sehr, dass es der neue Vertrag sein wird."

Der geltende Nizza-Vertrag stellt Barroso vor ein fast unlösbares Problem, denn er sieht eine Verkleinerung des EU-Kommission um mindestens einen Posten vor. Wie entschieden werden soll, welches EU-Mitgliedsland auf einen Kommissar verzichten würde, ist völlig unklar. Klar ist jedoch schon jetzt, wer die nächsten fünf Jahre Chef der mächtigsten EU-Behörde sein wird: Der alte und neue Kommissionspräsident heißt José Manuel Barroso.

Autor: Susanne Henn
Redaktion: Heidi Engels