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Bayern liegt in Europa

Christiane Grathwohl7. August 2002

Der Kanzlerkandidat der Union profiliert sich als Europa-Politiker - bislang mit Erfolg. So scheint er inzwischen beim Wahlvolk den Eindruck widerlegt zu haben, er vertrete ausschließlich die Interessen Bayerns.

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"Europa, wo nötig": das Motto von Kanzlerkandidat StoiberBild: AP

Die Devise dürfe nicht lauten, "Europa, wo immer möglich", sondern "Europa, wo immer nötig" - erklärte Edmund Stoiber, der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, kürzlich in Brüssel. Schon im Februar hatte Stoiber betont, dass Kompetenzen der EU an die Nationalstaaten zurückgegeben werden sollten.

Starke Kompetenzen der Mitgliedsstaaten

Die Einwanderungspolitik müsse, so Stoiber, auf jeden Fall in der Verantwortung der jeweiligen Mitgliedsstaaten bleiben. Das gelte ebenso für die Bereiche soziale Sicherheit, Beschäftigung, Bildung und Gesundheit. Die Vorschläge der Kommission für eine engere Zusammenarbeit bei der europäischen Wirtschaftspolitik lehnt Stoiber strikt ab. Eine "zentralisierte europäische Wirtschaftsregierung" sei der falsche Weg.

Lediglich bei der Außen- und Sicherheitspolitik hält Stoiber ein gemeinsames Vorgehen der EU Staaten für sinnvoll, ebenso bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Bei einem Knackpunkt der EU - den Agrarsubventionen und insbesondere den Direktzahlungen an die Bauern - hält Stoiber eine Reform für unausweichlich. Wegen zusätzlicher Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe durch die Osterweiterung müssten das System reformiert und Subventionen gekürzt werden, betonte der Kanzlerkandidat von CDU/CSU.

Legitimierung der Exekutive

Den Vorstoß Bundeskanzler Schröders und des britischen Premierministers Blair zur Verbesserung der Effizienz des Ministerrats und der EU-Gipfel begrüßte Stoiber. Man dürfe sich bei einer EU-Reform jedoch nicht ausschließlich auf einen Umbau der Institutionen konzentrieren. Wichtiger sei eine klare Aufgabenverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Stoiber schlägt außerdem vor, den Kommissionspräsidenten künftig vom Europäischen Parlament wählen zu lassen. Dadurch werde die Kommission zu einer demokratisch kontrollierten und legitimierten Exekutive.

Vom EU-Gegner zum Reformer

Rechtzeitig vor der Wahl hat Stoiber somit einen Wandel vom EU-Skeptiker zum konstruktiven EU-Reformer vollzogen. Die aggressiven Töne vergangener Tage sind beim bayerischen Ministerpräsidenten kaum noch zu hören. Vielmehr zählt der Kanzlerkandidat der Union inzwischen zu denjenigen Politikern, die Europa zwar enger zusammen schweißen, aber gleichzeitig die Macht Brüssels begrenzen wollen.