1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

BBC kommt nicht zur Ruhe

12. November 2012

Das Personalkarussell dreht sich weiter. Nach dem Rücktritt des BBC-Generaldirektors Entwistle wegen fehlerhafter Berichte über Missbrauchsfälle lassen auch News-Chefin Boaden und ihr Stellvertreter ihre Ämter ruhen.

https://p.dw.com/p/16h6b
Die BBC-Nachrichtenchefin Helen Boaden (Foto: dpa)
Großbritannien Rundfunk BBC Helen BoadenBild: picture-alliance/dpa

In der Affäre um falsche oder unterlassene Berichte über sexuellen Missbrauch "rollen" beim britischen Rundfunksender BBC "weitere Köpfe". Die Nachrichtenchefin Helen Boaden und ihr Stellvertreter Stephen Mitchell hätten ihre Posten zur Verfügung gestellt, berichteten die Sender BBC News und Sky News übereinstimmend. Die beiden Journalisten seien angesichts laufender Untersuchungen zur Zurückhaltung von Informationen im Fall des verstorbenen BBC-Starmoderators Jimmy Savile, der hunderte Kinder missbraucht haben soll, zum Rücktritt aufgefordert worden. Boaden und Mitchell hätten ihre Aufgaben bis auf Weiteres an Kollegen übertragen.

Am Samstagabend war bereits BBC-Chef George Entwistle nach nur zwei Monaten im Amt zurückgetreten. Hintergrund ist die Ausstrahlung eines Fernsehberichts über Vorwürfe des Kindesmissbrauchs gegen einen konservativen Politiker, die sich als falsch erwiesen. Als Generaldirektor sei er "letztlich verantwortlich für den gesamten Inhalt" der BBC-Sendungen, sagte Entwistle vor TV-Kameras in London.

Der Vize-Nachrichtenchef der BBC, Steve Mitchell (Foto: Reuters)
Auch er tritt "zur Seite": Steve MitchellBild: Reuters

Die Anschuldigungen waren falsch

Auslöser war ein TV-Bericht, in dem es um Vorwürfe des Kindesmissbrauchs ging. Unter Verdacht geriet daraufhin der frühere Politiker Alistair McAlpine. Der Film war in der investigativen Sendung "Newsnight" ausgestrahlt worden, deren Redaktion in diesem Fall anscheinend nicht sorgfältig recherchiert hatte. "Der Film hätte nie ausgestrahlt werden dürfen", sagte Entwistle.

Das Politmagazin "Newsnight" hatte in den vergangenen Tagen über Steve M. berichtet, der in den 1970er Jahren in einem Kinderheim in Wales missbraucht worden war. Obwohl der Täter in der Sendung nicht namentlich identifiziert wurde, kursierte kurz darauf im Internet das Gerücht, es handele sich um McAlpine. Der frühere Schatzmeister der Konservativen bestritt am Freitag die Vorwürfe, und auch Steve M. selbst teilte mit, dass es sich bei McAlpine nicht um den Täter gehandelt habe. Er habe sich bei der Identität seines Peinigers geirrt.

BBC-Chef Entwistle zurückgetreten

Die Affäre Savile und die Folgen

Die tradionsreiche BBC steht ohnehin unter Druck. Der vor einem Jahr gestorbene Moderator der früheren Kultsendung "Top of the Pops", Jimmy Savile, soll während seiner Zeit bei der Rundfunkanstalt zahlreiche junge Menschen sexuell missbraucht haben. Die Sendung "Newsnight" hatte einen Bericht über die Vorwürfe gegen den einstigen BBC-Star nicht ausgestrahlt. Zudem gibt es Vorwürfe, dass Savile von BBC-Mitarbeitern jahrelang gedeckt worden sei. Erst der Konkurrenzsender ITV brachte die Beschuldigungen gegen Savile ans Tageslicht.

Der konservative Parlamentsabgeordnete Philip Davies forderte inzwischen den Rücktritt von Rundfunkrats-Chef Chris Patten. Dieser sei unhaltbar geworden. Davies übte zugleich Kritik an Plänen, dem zurückgetretenen Entwistle eine Abfindung von 450.000 Pfund (563.000 Euro) zu zahlen. Patten hatte am Sonntag grundlegende Reformen verlangt. "Es bedarf einer sorgfältigen, radikalen, strukturellen Überarbeitung", sagte er. Der zum Übergangs-Intendanten berufene Hörfunk-Chef Tim Davie will in Kürze Tages erste Reformpläne vorstellen.

Schnell zum Interims-Intendanten der BBC berufen: Tim Davie (Foto: Reuters)
Schnell zum Interims-Intendanten der BBC berufen: Tim DavieBild: Reuters

kle/se (afp, rtr, dapd, dpa)