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Bedrohtes Welterbe

Aude Gensbittel9. Juli 2014

Mit seiner Band "Ndima" bringt der Kongolese Sorel Eta die traditionelle Musik der Aka-Pygmäen auf die Bühne. Die Kultur dieses Volks aus dem Norden der Republik Kongo ist inzwischen bedroht.

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Musikgruppe Nidma Foto: Aude Gensbittel
Bild: Klangkosmos

Sie haben die überlieferten Traditionen ihrer Vorväter erhalten und leben im Einklang mit der Natur - soweit es eben geht: Die Aka-Pygmäen, die traditionell als Jäger und Sammler die Wälder im Norden der Republik Kongo bewohnen. "Mit ihren unschätzbaren Kenntnissen über die Geheimnisse des Waldes können die Aka die Menschheit bereichern", erzählt der kongolesische Forscher und Ethnologe Sorel Eta, Gründer und Leiter der Musikgruppe "Ndima". Er selbst ist Bantu, wie die meisten Menschen in der Republik Kongo, auch Kongo-Brazzaville genannt. Sehr oft werden die Pygmäen hier diskriminiert. Bantus halten sie für faul und unzivilisiert, betrachten sie wegen ihrer Körpergröße und Lebensweise als "Untermenschen". Auch er hatte gewisse Vorurteile, räumt Eta ein. Bis er selber Aka traf.

1996 verließ Eta seine Heimatstadt Pointe-Noire im Süden des Landes und fand Arbeit in Impfondo, in der nördliche Region Likouala. Dort lernte er die Aka kennen. "Ich war fasziniert von ihrer Kultur", sagt der Ethnologe, "aber auch schockiert von ihrem Verhältnis zu ihren Nachbarn, den Bantu. Es ist ein Verhältnis von Besitz und Besitzer, von Sklaven und Herren", sagt Eta. Die Aka würden oft misshandelt, bekämen statt einer Bezahlung für ihre Arbeit oft nur etwas zu Essen, Zigaretten oder Alkohol.

Musikgruppe Nidma bei einem Auftritt Foto: Aude Gensbittel
Dieses Jahr tourte Ndima durch Frankreich, Italien, Holland, Deutschland und BelgienBild: Sebastian Borel

"Universität des Waldes"

Sechs Jahre dauerte es, bis Eta das Vertrauen einer Aka-Dorfgemeinschaft gewonnen hatte - heute ist er für sie einer von ihnen. "Ich wurde gewissermaßen adoptiert", erzählt Eta, der gern von einer "Universität des Waldes" spricht: "Alles was ich auf Konferenzen oder Workshops erzähle, habe ich von meinen Adoptiv-Vätern gelernt."

2003 gründete er zusammen mit sechs Aka die Band Ndima. Etas Ziel: Die Musik der Aka zu fördern. Die mehrstimmigen Gesänge der Aka, die von Tänzen begleitet werden, sind weltweit einzigartig. "Ndima" bedeutet "der Wald" in der Sprache der Aka und spiegelt die Nähe des Volkes zur Natur wieder. Ihre Instrumente bauen die Pygmäen aus den natürlichen Rohstoffen des Waldes. Die Trommel "Ndoumou" ist aus einem Holzstück geschnitzt. Der Mundbogen "Mbela" besteht aus einem Baumzweig und einer Saite aus Pflanzenfasern und wird auch für die Jagd benutzt.

Band-Mitglied Michel Kossi gibt eine Hörprobe mit dem Mundbogen "Mbela" Foto: Aude Gensbittel
Band-Mitglied Michel Kossi gibt eine Hörprobe mit dem Mundbogen "Mbela"Bild: DW

Bedrohter Lebensraum

Die Lieder der Aka sind von der Natur und von ihrem Alltagsleben inspiriert. Sie handeln zum Beispiel von der Jagd, von der Ehe oder von sozialen Problemen. Die traditionelle Lebensweise, die die Pygmäen besingen, ist heute bedroht. Durch Kahlschlag und Brandrodung wird ihr Lebensraum allmählich kleiner; die Jäger finden im Wald kaum noch Wildtiere. Zudem erkennen viele Bantu die kulturelle Identität der Aka nicht an, bedauert Sorel Eta: "Die Leute, die zur Zerstörung dieser Kultur beitragen, tun es oft, weil sie es nicht besser wissen."

Er selbst habe das Glück gehabt, den Wald zu entdecken und wisse von den Schätzen, die man bei diesen Völkern finde. Deswegen will der Ethnologe "jeden Einzelnen auf nationaler und internationaler Ebene ansprechen, damit wir diese Kultur bewahren können, die zum Erbe der Menschheit gehört." Seit 2003 gehören die mehrstimmigen Gesänge der Aka zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. Und auch die Arbeit von Eta trägt ihre Früchte: Ndima hat im Kongo schon zwei CDs aufgenommen und mittlerweile auch internationale Bekanntheit erlangt. Auf der Deutschland-Tour, die die Gruppe gerade abgeschlossen hat, habe er ein "wunderbares Publikum" kennengelernt, sagt Eta: ein Publikum, das sich Zeit nimmt, ihm zuzuhören und sich freut, etwas über die Kultur der Aka zu erfahren.

Am Tag ihres Konzertes in Bonn besuchten Sorel Eta (Mitte) und die Gruppe "Ndima" die Deutsche Welle Foto: Aude Gensbittel
Am Tag ihres Konzertes in Bonn besuchte die Band Ndima um Sorel Eta (Mitte) die Deutsche WelleBild: DW