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Nichts Neues in Algier

Wim Abbink18. Mai 2007

Das von der früheren Einheitspartei FLN geführte algerische Regierungsbündnis hat bei der Parlamentswahl seine absolute Mehrheit verteidigt. Trotz deutlicher Verluste wurde die FNL erneut stärkste Kraft.

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Straßenbild in Algier mit Wahlplakaten
Nichts Neues in AlgierBild: AP

Wie Innenminister Yazid Zerhouni am Freitag (18.5.2007) in Algier mitteilte, kam die aus drei Parteien bestehende "Präsidialallianz" von Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und Regierungschef Abdelaziz Belkhadem auf zusammen 249 der insgesamt 389 Sitze. Bei den Parlamentswahlen 2002 hatten FLN (Nationale Befreiungsfront), die FLN-nahe Sammlungsbewegung für Demokratie (RND) des früheren Ministerpräsidenten Ahmed Ouyahia und die islamistische Gesellschaft des Friedens (MSP) noch 288 Sitze erobert.

Die FLN kam auf 136 der insgesamt 389 Sitze im Unterhaus und damit 67 weniger als. Die beiden mit der FLN verbündeten Parteien konnten bei der Abstimmung vom Donnerstag Zugewinne verbuchen: Die RND errang 61 Sitze, die Gesellschaft des Friedens kam auf 52 Mandate.

Dritte pluralistische Parlamentswahl

Die Unabhängige Partei erhielt 33 Sitze, die trotzkistische Arbeiterpartei, (die als einzige von einer Frau - Louisa Hanoune - geführt wird) 26 und die ebenfalls oppositionelle Sammlungsbewegung für Kultur und Demokratie (RCD) 19 Mandate. Die laizistische RCD von Saïd Sadi hatte die Wahl 2002 boykottiert, ihre Rückkehr bringt mehr Vielfalt in die Kammer, in der sich das FLN-Übergewicht etwas abgeschwächt hat.

Es war die dritte pluralistische Parlamentswahl seit der Annullierung eines Urnengangs von 1991, aus dem die mittlerweile aufgelöste Islamische Heilsfront (FIS) als Siegerin hervorgegangen war.

Wahlbeteiligung mit Negativ-Rekord

Mit der niedrigsten Wahlbeteiligung bei einer Parlamentswahl dokumentierten die Algerier ihr weitgehendes Desinteresse an dem Urnengang. Viele Algerier gingen von vorneherein davon aus, dass die bisherige Allianz auch weiterhin die Regierung stellen werde. Die Wahlbeteiligung unter den knapp 19 Millionen Stimmberechtigten lag nach Angaben des Ministers bei 35,5 Prozent und damit zehn Prozentpunkte niedriger als bei der letzten Parlamentswahl 2002.

Die FLN bestimmt die algerische Politik seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1962. Algerien befindet sich seit 1992 in einem blutigen Konflikt mit islamischen Fundamentalisten. Damals stand die Islamische Heilsfront (FIS) bei einer Parlamentswahl kurz davor, die Regierungsmehrheit zu erringen. Die Wahl wurde daraufhin von den Streitkräften für ungültig erklärt, und die Fundamentalisten gingen in den Untergrund. Bei Anschlägen, Überfällen und Kämpfen mit Polizei und Soldaten kamen seitdem schätzungsweise 200.000 Menschen ums Leben.