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Beginnt mit dem Brexit eine Abwärtsspirale?

Daniel Derya Bellut
25. November 2016

Die Brexit-Befürworter hatten argumentiert, ein Ausstieg würde den Briten ökonomisch nützen. Inzwischen kann davon keine Rede mehr sein. Der Etatentwurf des Schatzkanzlers zeigt: Der Brexit wird immer teurer.

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Brexit Symbolbild Big Ben Unionjack
Bild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

Philip Hammond, der britische Schatzkanzler, überbrachte diesen Mittwoch die schlechten Nachrichten für die Brexit-Befürworter mit seinem ersten Haushaltsentwurf: Nein, der Brexit werde kein Geld in die Staatskassen spülen. Ganz im Gegenteil. Die Briten müssen den Gürtel wohl enger schnallen. Wie Hammond verkündete, müssen die Wachstumsprognosen für 2017 auf 1,4 Prozent herunter korrigiert werden. Vor dem Referendum war von Experten noch 2,2 Prozent prognostiziert worden.

Um den Wegfall von Steuereinnahmen zu kompensieren, wird sich Großbritannien in den nächsten fünf Jahren um zusätzliche 143 Milliarden Euro verschulden. Außerdem sollen Milliardeninvestitionen in Infrastruktur sowie Steuererleichterungen verhindern, dass der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre durch den Brexit ausgebremst wird.

Italien - Außenminister Boris Johnson
Boris Johnson, vehementester "Brexit"-Befürworter und das Gesicht der Kampagne, ist nun Außenminister. Bild: picture-alliance/AA/C. Bressan

Nicht einmal ein halbes Jahr nach dem Referendum sind bereits negative Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erkennen. Das Pfund hat gegenüber dem Euro elf Prozent an Wert verloren. Dadurch sind Importe von Waren aus der EU teurer geworden. Hinzu kommt: Solange die Handelsbeziehungen mit der EU in der Schwebe sind, halten sich Unternehmen mit Investitionen im Vereinigten Königreich zurück.

Kein Grund für Optimismus

Dass sich diese ungünstige Situation noch zum Guten wendet, ist zunächst nicht zu erwarten. Viele internationale Finanzinstitute haben bereits angekündigt, dass sie ihre EU-Geschäfte in andere Finanzmetropolen wie Frankfurt, Dublin oder Paris verlagern werden. Sie befürchten, dass sie sonst ihre Produkte und Dienstleistungen nach einem Brexit nicht mehr überall in der EU anbieten dürfen.

Wenn Großbritannien die Europäischen Union verlässt, ist jedoch nicht nur die britische Finanzbranche betroffen. Die EU ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Großbritanniens. 45 Prozent aller Exporte gehen in die EU, das sind jährlich 182 Milliarden Euro. Handelsbarrieren und Zöllen würden den Export von Dienstleistungen und Waren stark verteuern. 

"Keine Rosinenpickerei" vs "sanfter Brexit"

Premierministerin Theresa May drängt daher auf einen „sanften" Brexit.  Sie will weiterhin Zugang zum Binnenmarkt der EU, aber keine Freizügigkeit für EU-Bürger in Großbritannien. Es ist zu erwarten, dass May mit diesen Vorstellungen wohl schlechte Karten hat, wenn ab März 2017 in Brüssel die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien neu verhandelt werden.

Für die Brexit-Verhandlungen kündigte Bundeskanzelerin Angela Merkel an, sie wolle keine „Rosinenpickerei" zulassen. Wer freien Zugang zum EU-Binnenmarkt wolle, müsse zugleich die vier EU-Grundfreiheiten akzeptieren. Das beträfe auch die Personenfreizügigkeit, das heißt die "Arbeitnehmerfreizügigkeit" und die "Niederlassungsfreiheit" für EU-Bürger.

Vor dem Referendum hatten die Brexit-Befürworter zumeist ökonomisch argumentiert: Die EU-Mitgliedschaft sei zu teuer. Außerdem werde die britische Wirtschaft langfristig profitieren, denn man könne auch ohne die EU weltweit Handelsabkommen abschließen. Seit dem Wahlsieg des Protektionismus-Befürworters Donald Trump scheint ein neues Wirtschaftsbündnis zumindest mit den USA in weiter Ferne. Mit Hinblick auf solch düstere Aussichten könnte es durchaus sein, dass Schatzkanzler Hammonds zweiter Haushaltsentwurf in einem Jahr noch unerfreulicher ausfällt.