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Strahlefrau mit Ellenbogen

3. Juni 2010

Drei Tage nach dem überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Köhler könnte eine Vorentscheidung über die Nachfolge fallen. Eine Kandidatin ist die derzeitige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Ein Porträt.

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Ursula von der Leyen (Foto: AP)
Ursula von der Leyen 2010Bild: AP

Ursula von der Leyen kommt aus einem politischen Elternhaus. Ihr Vater war lange Jahre Ministerpräsident von Niedersachsen und einer der führenden deutschen Christdemokraten. Vieles über das politische Geschäft lernte sie schon am heimischen Küchentisch. Aber erst nachdem Vater Ernst Albrecht 1990 die Wahl und damit das Ministerpräsidenten-Amt verloren hatte, trat sie in die CDU ein, und politisch aktiv wurde sie erst 1996, nach einem zwischenzeitlichen längeren USA-Aufenthalt. Die Ärztin und Medizinwissenschaftlerin von der Leyen bewies schnell Talent und Durchsetzungsfähigkeit im politischen Geschäft.

2003, gerade in den Landtag von Niedersachsen gewählt, wurde sie Landesministerin für Soziales, Familie, Frauen und Gesundheit. Im Jahr darauf wurde sie ins Präsidium der CDU gewählt, den engeren Führungszirkel der Christdemokraten. Und als Ende 2005 Angela Merkel Bundeskanzlerin in einer Großen Koalition mit der SPD wurde, stieg Ursula von der Leyen ins Bundeskabinett auf – als Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit sieben eigenen Kindern brachte sie reichlich persönliche Erfahrungen mit in das neue Amt.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen 2006 (Foto: AP)
2006: Als Familienministerin vor Unternehmern...Bild: AP

Strahlefrau mit Ellenbogen

Ursula von der Leyen 2008 (Foto: AP)
Strahlt sie bald als Bundespräsidentin?Bild: AP

Mäkelnde Fragen, wie sie das aufreibende politische Amt mit ihren familiären Pflichten in Einklang bringen könne, lächelte Ursula von der Leyen weg. Stattdessen fuhr sie im Kampf für eine bessere Familienförderung die Ellenbogen aus. Ihr Streit mit dem sozialdemokratischen Finanzminister Peer Steinbrück um eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sorgte für die erste Bewährungsprobe der neuen Koalition. Das Meisterstück von der Leyens aber heißt Elterngeld.

Schon ihrer sozialdemokratischen Vorgängerin Renate Schmidt war aufgefallen, dass gebildete Frauen besonders wenige Kinder haben. Als einen Grund machte sie aus, dass der zeitweilige Verzicht auf die Berufstätigkeit zugunsten der Kindererziehung für diese Frauen oft besonders hohe finanzielle Einbußen bedeutete. Schmidt schlug deshalb vor, diesen Verdienstausfall zumindest teilweise durch den Staat auszugleichen. Damit drang sie während ihrer Amtszeit in der rot-grünen Koalition aber nicht durch. Von der Leyen griff Schmidts Idee auf, setzte sie in der Großen Koalition durch – und vermochte es, sie gemeinsam mit Angela Merkel als christlich-demokratische Idee zu verkaufen.

Modernisiertes christlich-demokratisches Familienbild

Als Gegenstück zu dieser besseren finanziellen Förderung propagierte von der Leyen einen massiven Ausbau der Betreuungsstätten für Kleinkinder unter drei Jahren. Gegen anfangs heftigen Widerstand des konservativen Lagers der eigenen Partei und der bayerischen CSU kam es zu einer Einigung mit den Bundesländern, bis 2013 ausreichend Betreuungsplätze zu schaffen. Ein Beschluss, der nun durch die anstehenden Einsparungen der staatlichen Haushalte auf eine harte Probe gestellt werden wird.

Ursula von der Leyen hatte großen Anteil daran, dass sich das Familienbild von CDU und CSU für neue gesellschaftliche Realitäten öffnete. Mit den Erfolgen in ihrem als "weich" geltenden Ressort empfahl sie sich für eines der "harten" Ressorts. Nach dem Koalitionswechsel zu den Liberalen infolge der Bundestagswahl 2009, und nachdem der neue Sozialminister Franz-Josef Jung wegen der Kundus-Affäre, die noch in seine frühre Tätigkeit als Verteidigungsminister zurückreichte, zurücktreten musste, übertrug Kanzlerin Merkel ihr Ende 2009 das Ressort "Arbeit und Soziales".

In dieser letzten Tätigkeit blieb Ursula von der Leyen nicht viel Zeit für große Entscheidungen. Aber sie hatte das Glück, dass die Arbeitslosenzahlen, die wegen der Finanzkrise stark angestiegen waren, Monat für Monat zurückgehen. Das half, ihr ohnehin sehr positives Image in der Bevölkerung weiter zu verbessern. Immer wieder kam sie unter die drei beliebtesten Politiker, ließ zuletzt sogar Angela Merkel hinter sich. Sollte die Kanzlerin nun Ursula von der Leyen für das höchste Staatsamt vorschlagen, so wohl auch in der Hoffnung, dass etwas von dieser Popularität auf ihre Regierung zurückstrahlt.


Autor: Peter Stützle
Redaktion: Hartmut Lüning