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Neue Signale aus Minsk

30. Juli 2009

Das belarussische Tourismus-Ministerium schlägt vor, die Visumpflicht für Touristen aus der EU abzuschaffen. In Minsk hofft man auf mehr internationale Besucher und eine Verbesserung des Ansehens im Ausland.

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Unabhängigkeitsplatz in MinskBild: Marina Nikititsch

Das belarussische Ministerium für Sport und Tourismus hat dem Ministerrat vorgeschlagen, die Visumpflicht für Touristen aus der EU abzuschaffen. Während diese Frage von der Regierung des Landes derzeit geprüft wird, haben Vertreter verschiedener europäischer Institutionen die Initiative bereits als "sehr klug" bezeichnet. So sagte Stefan Eriksson, der Botschafter Schwedens, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, die Abschaffung der Visumpflicht wäre ein absolut zeitgemäßer Schritt, den die EU nur begrüßen würde. Dies wäre von belarussischer Seite ein Zeichen des "guten Willens".

Hoffnung auf zusätzliche Einnahmen

Im Jahr 2008 besuchten rund 25.000 Touristen aus der EU Belarus. Daran verdiente das Land insgesamt fünf Millionen Euro. Die Einnahmen durch die Erteilung von Einreisevisa betrugen etwas mehr als eine Million Euro. Tourismus-Minister Oleg Katschan geht davon aus, dass nach einer Abschaffung der Visumpflicht deutlich mehr Touristen Belarus besuchen werden und das Land dadurch den Wegfall der Einnahmen aus der Visa-Vergabe wieder wettmachen kann.

Unter den Beschäftigten des Tourismusbereichs in Belarus macht sich bereits die Hoffnung breit, dass eine Abschaffung der Visumpflicht für EU-Bürger den Schaden ausgleichen könnte, der durch die Wirtschaftskrise entstanden ist. Der Vertreter eines Reiseveranstalters in Minsk, Aleksej Streltschenko, sagte, allein in der Hauptstadt seien die Einnahmen um 30 Prozent zurückgegangen, da deutlich weniger Belarussen Minsk besuchen würden. Die Anzahl der Touristen, die nach Belarus einreisen, sei hingegen nicht zurückgegangen, erklärte Streltschenko. Im Gegenteil, aus einigen Ländern würden sogar mehr Touristen kommen. Die Abschaffung der Visumpflicht wäre ein zusätzlicher Anreiz für EU-Bürger, das Land zu besuchen.

"Erster bedeutender Schritt"

Klar sei, dass Belarus nicht gleich zu einem Tourismus-Mekka für Europäer werde, gibt der schwedische Botschafter zu bedenken. Das Land müsse noch viele Probleme lösen, so beim Service und beim Ausbau der Infrastruktur. Ferner müssten bürokratische Hürden bei der Gründung von privaten Unternehmen beseitigt werden. Die Abschaffung der Visumpflicht wäre nur einer erster, aber umso bedeutenderer Schritt auf dem Weg, den Tourismus in Belarus nach europäischen Standards zu entwickeln, erläuterte der schwedische Botschafter.

Eriksson habe sich selbst davon überzeugt, dass Belarus reich an Naturschätzen sei und die Kultur und Geschichte des Landes einzigartig seien. Der Diplomat betonte, mit Sicherheit würden sich viele Europäer für all dies interessieren. Viele würden Belarus auch gern nur für ein Wochenende besuchen wollen. Aber man müsse ein Visum beantragen, und das halte die Menschen von Reisen ab, sagte Eriksson.

Trumpf in Verhandlungen mit Brüssel?

Der belarussische Politologe Denis Meljanzow meint, die Abschaffung der Visumpflicht werde in erster Linie dazu beitragen, das Ansehen des Landes im Ausland zu verbessern. Belarus werde in Europa immer noch als "verschlossenes" Land wahrgenommen, das Ausländern absichtlich etliche Hürden für eine Einreise in den Weg lege. Zudem könnte die Abschaffung der Visumpflicht zu einem Trumpf in den Verhandlungen mit Brüssel über eine Erleichterung der Einreisebedingungen für belarussische Staatsbürger in die EU werden, so der Politikwissenschaftler. Die Erfahrungen der Ukraine, die vor vier Jahren die Visumpflicht für EU-Bürger abgeschafft habe, hätten zwar gezeigt, dass die EU nicht unmittelbar zu den gleichen Zugeständnissen bereit sei. Meljanzow hofft aber, dass ein solches Zeichen guten Willens aus Minsk dazu beitragen könnte, das Verfahren zur Erteilung von EU-Visa für belarussische Bürger wenigstens zu vereinfachen und den Preis für ein EU-Visum zu senken.

Autor: Natalja Grigorjewa / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann

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