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Benins Präsident Boni Yayi warnt vor Flächenbrand

Katrin Matthaei23. Januar 2013

Deutschland soll sich stärker in Mali engagieren - das ist die Bitte von Benins Staatschef Thomas Boni Yayi an Bundeskanzlerin Merkel. Boni Yayi ist derzeit Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU).

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Benins Präsident Thomas Boni Yayi (Foto: AFP/Getty Images)
Thomas Bonuses Yayi Präsident BeninBild: K.Sia/AFP/Getty Images

Seit Monaten ist Thomas Boni Yayi unermüdlich unterwegs. Er hat Afrikaner, Europäer und die Vereinten Nationen auf die Befreiung des von Islamisten besetzten Norden Malis eingeschworen. Seit zwei Wochen sind französische Soldaten in Mali. Doch Boni Yayi fordert noch mehr: ein Eingreifen der NATO nach dem Vorbild des Afghanistan-Einsatzes.

Ein solches Engagement ist nicht selbstverständlich: Beim Vorsitz der AU geht es vor allem darum, die afrikanische Staatengemeinschaft international zu repräsentieren. Jedes Jahr übernimmt ein anderer der 54 Mitgliedstaaten den Vorsitz. Auf dem AU-Gipfel am Wochenende (27./28.01.2013) gibt Yayi diese Position weiter.

Boni Yayi hat seine Funktion aber auch inhaltlich ausgefüllt. Der Erfolg seiner einjährigen Amtszeit gründe auf seiner Fähigkeit, glaubhaft und verlässlich für seine Ziele zu werben, sagt Elke Erlecke. Sie leitet das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cotonou, dem wirtschaftlichen Zentrum Benins. "Boni Yayi hat immer darauf hingewiesen, dass er sich als Präsident der AU für Stabilität und Sicherheit einsetzt." Als Präsident von Benin und als Repräsentant eine Staates, der für 20 Jahre Frieden, Sicherheit und Demokratie in Afrika steht, sei ihm das ein persönliches Anliegen, so Erlecke im Gespräch mit der DW. "Er hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es diese Verpflichtung gibt."

Das neu erbaute Hauptquartier der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba (Foto: dpa)
Sitz der Afrikanischen Union in Addis AbebaBild: picture-alliance/dpa

"Ein stabiles Benin ist auch für Deutschland wichtig"

Diese Botschaft hat Boni Yayi vermutlich auch im Kopf, wenn er am Mittwoch (23.01.2013) in Berlin mit Kanzlerin Merkel spricht. Der 61-jährige promovierte Ökonom weiß um die Gefahr eines Flächenbrands, die von Mali ausgeht - auch für sein eigenes Land: Von der Konflikt-Region bis zu Benins Landesgrenze sind es gerade einmal 500 Kilometer, bis ins wirtschaftliche Zentrum Cotonou etwa 1000. Der Hafen dort sei strategisch wichtig für die Islamisten, sagt Elke Erlecke - für Drogenschmuggel, aber auch, um für Waffennachschub zu sorgen. Und dann sei auch der Weg über den Atlantik Richtung Europa frei.

Die Hafenstadt Cotonou im Süden von Benin ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes (Foto: Getty Images)
Hafenstadt Cotonou: Nächstes Ziel der Islamisten?Bild: Getty Images

Daher ist das kleine Benin von großer Bedeutung: "Deutschland hat ein absolut vitales Interesse, dass Benin stabil bleibt, dass wir sozusagen einen Kontrapunkt gegen Mali haben. Wenn man mit Experten hier vor Ort spricht, dann gehen alle davon aus, dass der Weg der Terroristen von Mali aus in Richtung Benin oder Togo geht", so Erlecke. Das aber sei noch nicht im Bewusstsein deutscher Politiker angekommen.

Angst vor Radikalisierung

Nicht nur die geografische Nähe zu Mali sorgt dafür, dass sich Benins Präsident Boni Yayi so stark für die Lösung der Krise dort einsetzt. Er befürchtet auch eine Radikalisierung im eigenen Land. Jeder vierte Beniner ist Muslim. Und obwohl sie einen moderaten Islam praktizieren, sind viele frustriert. Denn die meisten der Muslime leben im Norden des Landes, der schwach entwickelt ist und wirtschaftlich und strukturell hinter der Küstenregion im Süden hinterherhinkt. Die Arbeitslosigkeit im Norden ist hoch, die Strompreise explodieren, es gibt eine galoppierende Inflation - Faktoren, die in Benins Nachbarland Nigeria zum Erstarken der islamistischen Sekte Boko Haram geführt haben.

Boni Yayi (links) mit seinem nigrischen Amtskollegen bei einem Treffen der ECOWAS. (Foto: REUTERS/Thierry Gouegnon)
Boni Yayi (links) mit seinem nigrischen Amtskollegen bei einem Treffen der ECOWASBild: Reuters

Sadikou Alao leitet die beninische Denkfabrik GERDDES-Afrique, eine Forschungsgruppe, die sich mit Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung in Afrika beschäftigt. Er weiß, dass die Krise in Mali mit seinem eigenen Land verknüpft ist: "Es wurden offenbar Männer aus Benin erkannt, die in Mali Kampfgruppen der Islamisten anführen. Es ist also nicht nur ein malisches Problem", berichtet Alao der DW.  Die Rebellen, die sich in der malischen Wüste verschanzt hätten, kämen aus allen Gegenden in Afrika. "Benin ist da keine Ausnahme. Die Gefahr lauert überall, und deshalb müssen wir jetzt die notwenigen Maßnahmen dagegen ergreifen", so Alao.

Die Karte zeigt die Mitgliedstaaten der ECOWAS
Benin hat seine Truppen für Mali aufgestockt

Anerkannter Außenpolitiker

Davon hat Präsident Boni Yayi seine Bürger erfolgreich überzeugt und Truppen für Mali bereit gestellt - so wie weitere Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, zu der auch Benin gehört. Erst kürzlich hat Boni Yayi die ursprünglich zugesagten Truppen von 300 Soldaten auf 650 erhöht - das ist etwa ein Siebtel der beninischen Armee. Besonders schlagkräftig sei die aber nicht, meint Sadikou Alao: "Das Problem der Armee in Benin ist dasselbe wie in den meisten afrikanischen Staaten: Unsere Truppen sind dazu ausgebildet, die Ordnung im Land aufrecht zu erhalten, nicht um Kriege zu führen. Wir haben schon lange keinen militärischen Konflikt mehr gehabt. Das muss unsere Armee erst wieder lernen."

Dass Soldaten bei dem Einsatz sterben können, hat Präsident Thomas Boni Yayai seinen Landsleuten klar gemacht. In diesem Punkt steht die beninische Bevölkerung hinter ihrem Präsidenten. Doch innenpolitisch steckt Boni Yayi zurzeit in einer Vertrauenskrise: Sein Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft kommt nicht überall gut an und wird für steigende Preise in dem von Armut geprägten Land verantwortlich gemacht.

Boni Yayi mit Frankreichs Präsident Hollande im Mai 2012
Boni Yayi mit Frankreichs Präsident Hollande im Mai 2012Bild: Imago/IP3press

Innenpolitisch angeschlagen

Der Ökonom Yayi habe es sich mit seinen ehemaligen Weggefährten verscherzt, glaubt Elke Erlecke von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cotonou. Dabei galt Boni Yayi bei seiner ersten Wahl 2006 als großer Hoffnungsträger der Beniner: Sie trauten dem langjährigen Präsident der Westafrikanischen Entwicklungsbank zu, als parteiloser Präsident der verbreiteten Korruption ein Ende zu setzen und den verkrusteten Politikbetrieb seines Vorgängers aufzubrechen. Seine Position als politischer Außenseiter entpuppt sich nun aber als Schwäche: "Das Problem ist, dass er die politischen Regeln in Benin nicht gekannt und vielleicht auch nicht ganz durchschaut hat," so Erlecke.

Wenn Boni Yayi am Wochenende den Vorsitz der Afrikanischen Union an Äthiopien weitergibt, wird er sich diesen Problemen wieder stellen müssen.