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Beobachter kritisieren Parlamentswahl in Aserbaidschan

7. November 2005

Unabhängige Wahlbeobachter haben die Parlamentswahl in Aserbaidschan deutlich kritisiert. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erklärte, die Wahlleitung habe Regierungskandidaten bevorzugt.

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Manipulationsvorwürfe gegen WahlkommissionBild: AP

Trotz einiger Fortschritte habe die Wahl nicht den Maßstäben der Organisation entsprochen, betonte die OSZE-Beobachtermission am Montag (7.11.2005) in Baku. "Die Fehler, die wir vor allem am Wahltag beobachtet haben, bringen uns zu dem Schluss, dass Aserbaidschan seine internationale Verpflichtungen nicht eingehalten hat", sagte der Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Alcee Hastings aus den USA.

Die Wahlleitung habe Regierungskandidaten bevorzugt. Kritik kam auch von Beobachtern des Europarates und des Europäischen Parlaments. Dagegen hatten Wahlbeobachter aus der Gemeinschaft Unabhängige Staaten (GUS) Aserbaidschan am Sonntag einen korrekten Verlauf der Abstimmung bescheinigt.

Regierung deutlich vorn

Wahlen in Aserbaidschan Wahlurne Baku
Stimmabgabe im Schatten AlijewsBild: AP

Nach Auszählung der Stimmen aus fast 93 Prozent der Wahlbezirke lagen die Kandidaten der Regierungspartei von Präsident Ilcham Alijew laut offizieller Darstellung in 62 Bezirken vorn. Unabhängige Kandidaten führten demnach in 42 Bezirken, Politiker der Opposition in 10, wie die Wahlkommission mitteilte. Eine von der US-Behörde für Internationale Entwicklung unterstützte Wählernachfrage von PA Consulting wies in einigen Bezirken erhebliche Abweichungen von den offiziellen Ergebnisse auf. Demzufolge schnitten die Kandidaten der Opposition deutlich besser ab.

Die vom Europarat als Wahlbeobachterin entsandte ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jelena Hoffmann sagte der Chemnitzer "Freien Presse", noch bei der Stimmabgabe sei Druck auf Wähler ausgeübt worden, ihr Kreuz bei den Kandidaten der Regierungspartei zu machen. Nach Schließung der Wahllokale seien Wahlurnen abtransportiert worden, ohne dass internationale Beobachter dies hätten kontrollieren können. Es sei auch nicht gesichert, dass in jedem Wahllokal genügend unsichtbare Tinte vorhanden gewesen sei, um doppelte Stimmabgaben zu verhindern.

Opposition erkennt Ergebnis nicht an

Nun dem umstrittenen Wahlausgang zeichnet sich nun eine Machtprobe zwischen der nach offizieller Darstellung geschlagenen Opposition und der Regierung ab. Das wichtigste Oppositionsbündnis Asadlik (Freiheit) erklärte am Montag, es erkenne die Ergebnisse wegen Wahlmanipulation nicht an und rief zu Massenprotesten für Mittwoch auf. Der Vorsitzende der Partei Mussawat, Issa Gambar, verlangte im Namen des Freiheit-Bündnisses eine Wiederholung der Wahl in vier Fünfteln der 125 Wahlbezirke. "Wir werden die Abhaltung freier Wahlen erreichen" sagte Gambar. Die Kundgebung am Mittwoch werde eine der größten, die das ölreiche und für den Westen strategisch wichtige Land in Mittelasien nach dem Ende der Sowjetunion erlebt habe. Die Opposition hat sich nach dem Vorbild der Ukraine die Farbe Orange gegeben.

Schon am Sonntagabend hatte der Oppositionspolitiker Ali Kerimli der Regierung vorgeworfen, die Wahl "klar gefälscht" zu haben: "Diese Wahl wird nicht den Willen des aserbaidschanischen Volkes wiedergeben." Der Führer des Oppositionsbündnisses Neue Politik, Eldar Namazow, sagte, man werde für die Annullierung der Ergebnisse kämpfen. Die Partei von Präsident Alijew sprach dagegen von einer freien und fairen Abstimmung und kündigte weitere Reformen an.

Berichte über Manipulationen

Ein Funktionär der Partei Mussawat berichtete, sieben Mitglieder seiner Partei seien in einem Wahllokal bei Baku festgehalten worden. Vor Schließung der Wahllokale seien Beobachter der Opposition in 23 Fällen herausgeworfen worden. Die Wahlkommission ging einem Bericht nach, wonach ein Mann ein Wahllokal mit 15 bereits ausgefüllten Stimmzetteln betreten habe.

Wahl in Aserbaidschan, Stimmabgabe des Präsidenten Ilcham Alijew
Präsident Alijew bei der WahlBild: AP

Aserbaidschan, dessen Bevölkerung trotz reicher Ölvorkommen in großer Armut lebt, wird seit vielen Jahren von der Familie Alijew regiert. Nach offiziellen Angaben betrug die Wahlbeteiligung 46,8 Prozent. Drei Jahre vor der nächsten Päsidentenwahl bewarben sich 1541 Kandidaten aus sechs Parteien und Bündnissen um die 125 Sitze im Parlament von Baku. (mik)