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Beobachtungen am Rande eines Gipfels

Henrik Böhme16. Juli 2006

Sie haben an wirklich alles gedacht - die Organisatoren des ersten G8-Gipfels in Russland: keine Demonstrationen, keine Beerdigungen. Sogar für gutes Wetter wird in St. Petersburg gesorgt.

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Nette Behausungen für die werten GästeBild: AP

Drei Flugzeuge - so berichten es russischen Kollegen - kreisen über dem südlichen Teil des Finnischen Meerbusens und versprühen Chemikalien. Die lösen Wolken auf - und so kann die Sonne ungehindert scheinen über der traumhaft schönen Anlage rund um den Konstantin-Palast . Gastgeber Wladimir Putin will seine Geburtsstadt - in der er auch mal Vize-Bürgermeister war - im besten Licht zeigen. Dafür hat er schon vor drei Jahren - als die Stadt ihr 300-jähriges Jubiläum feierte - eine Menge Geld aus Moskau überweisen lassen.

Tragflächenboote und Fregatten

Damals war der völlig herunter gekommene Palast, den Stadtgründer Peter der Große einst als "russisches Versailles“ planen ließ, in einem aufwändigem Kraftakt binnen Monaten restauriert worden - dank Spenden aus der Wirtschaft. In diesem Jahr hat der Kreml noch mal rund zehn Milliarden Rubel - umgerechnet rund 300 Millionen Euro ausgegeben - um die Fünf-Millionen-Metropole an der Ostsee für den Gipfel fit zu machen. So bekam der Flughafen der Stadt eine neue Landebahn. In der Nachbarschaft des Konstantin-Palastes haben die Organisatoren eine Zeltstadt für die versammelte Weltpresse errichtet - gut 3000 Journalisten berichten vom ersten G8-Gipfel unter russische Präsidentschaft. Die werden aus ihren Hotels mit rasend schnellen Tragflächenbooten über die Ostsee ins Pressezentrum gebracht.

Für die Sicherheit ist ebenfalls bestens gesorgt. Von 30.000 Beamten ist die Rede, und von neun Fregatten samt Begleitschiffen, die im Meer vor St. Petersburg stationiert sind. An neuralgischen Punkten in der Innenstadt von St. Petersburg bestimmen Milizionäre das Bild - halten sich aber ansonsten zurück. Nur, wenn sich denn doch mal Demonstranten auf die Strasse wagen wie am Sonnabend, als eine Handvoll Anhänger der Kommunistischen Partei demonstrieren wollte, zeigten sich die Einsatzkräfte der berüchtigten Omon-Sonderpolizei.

Beerdigungen? Am Dienstag wieder!

Und auch dort, wo die Gipfel-Organisatoren den Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) erlaubt haben, sich zu versammeln - im gut zu kontrollierenden Fußball-Stadion der Stadt - sind die Ordnungshüter eindrucksvoll präsent und vermitteln alles andere als gute Stimmung. Präsident Putin möchte sich seinen ersten Gipfel mit den Mächtigen dieser Welt, zu denen er sich selbst auch zählt, eben nicht kaputt demonstrieren lassen. Die Opposition im Lande wurde im Vorfeld eingeschüchtert, vielen wurde geraten, doch lieber zu Hause zu bleiben. Durch diese harte Haltung erregte da ein Treffen von Vertretern russischer NGO's mit US-Präsident George W. Bush umso mehr Aufsehen.

Für schöne Bilder soll die malerische Kulisse in Strelna sorgen - in diesem Vorort von St. Petersburg liegt der Konstantin-Palast. Beim Gala-Dinner am Samstagabend waren die Staats- und Regierungschefs von Wladimir Putin und dessen Frau eingeladen worden. Während alle anderen in Begleitung erschienen, kam Angela Merkel - wie auch Japans Premier - solo. So wurden die beiden Quasi-Singles zu Tischnachbarn.

Die Zufahrtsstrassen zum Tagungsort sind natürlich streng kontrolliert. Sogar ein örtlicher Friedhof ist seit Tagen gesperrt. Beerdigungen finden erst wieder ab Dienstag statt.