1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bergleute nach zwei Wochen gerettet

10. Mai 2006

In einer dramatischen Rettungsaktion sind zwei australische Bergleute befreit worden. Zwei Wochen lang waren die beiden Kumpel in einem winzigen Stahlkäfig unter Tage gefangen. Die Bergung hielt ganz Australien in Atem.

https://p.dw.com/p/8Qxz
Erleichterung: Die geretteten BergleuteBild: picture-alliance/dpa

Der 37-jährige Brant Webb und sein drei Jahre jüngerer Kollege Todd Russell hatten Zuflucht in einem nur zwei Meter breiten Metallkäfig gefunden, nachdem ein leichtes Erdbeben einen Steinschlag ausgelöst hatte und die Goldmine auf der südaustralischen Insel Tasmanien teilweise eingestürzt war.

Martinshorn und Glockengeläut

Webb und sein Kollege Russell sind in Australien zu Nationalhelden geworden. Für die Nachricht von ihrer Rettung unterbrachen Fernsehsender am Dienstagmorgen (9.5.2006) ihr Programm. Das Martinshorn eines Feuerwehrwagens hatte die Bewohner von Beaconsfield auf das glückliche Ende des Dramas aufmerksam gemacht. Auch eine Kirchenglocke läutete, die seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr ertönt war. Hunderte von den Kirchenglocken herbeigerufene Bewohner von Beaconsfield klatschten und jubelten, als die beiden Geretteten im Morgengrauen oben ankamen. Die beiden Bergleute stießen Freudenrufe aus und reckten die Fäuste in die Höhe, als sie aus dem Tunnel herauskletterten, der zu ihrer Bergung angelegt worden war. Ohne fremde Hilfe konnten die Bergleute auf ihre Familien zugehen und sie umarmen. Familienmitglieder und Freunde hatten seit Tagen in größter Sorge vor der Mine gewartet. "Wir können gar nicht ausdrücken, wie dankbar wir sind", erklärten die Geretteten, bevor sie sich ärztlich untersuchen ließen.

Ein Kumpel getötet

Zum Zeitpunkt des Erdbebens am 25. April arbeiteten 17 Kumpel in dem Bergwerk. Die meisten konnten sich unversehrt in Sicherheit bringen. Webb, Russell und ein weiterer Kollege, Larry Knight, arbeiteten allerdings in 1000 Meter Tiefe, um einen Tunnel zu reparieren. Der 44-jährige Knight wurde getötet. Webb und Russell rettete eine Felsplatte das Leben, die auf ihren nur 1,20 Meter hohen Stahlkäfig fiel, eine Art Dach bildete und sie so vor tonnenschwerem Gestein schützte, das sie sonst zerquetscht hätte.

Versorgung durch ein Rohr

Fünf Tage lang ernährten sich die beiden Familienväter von einem einzigen Müsliriegel und Wasser, das sie vom Fels leckten. Am 30. April wurden sie von den Rettungsteams mit Hilfe von Wärmesensoren entdeckt. Durch ein Rohr wurden die Eingeschlossenen mit Nahrung, Wasser, Vitaminen und Kleidung versorgt. Später versuchte man, ihnen die Situation mit einer Luftmatratze und MP3-Playern zu erleichtern.

Ein Meter breiter Rettungstunnel

Die Rettungsaktion gilt als beispiellos in der australischen Bergbaugeschichte. Mit schwerem Gerät hatten Spezialisten zunächst den etwa einen Meter breiten Rettungstunnel durch das Erdreich getrieben, bis nur noch anderthalb Meter und eine extrem harte Schicht aus Quarzgestein sie von den Verschütteten trennten. Es dauerte 40 Stunden, bis die Retter das letzte Stück mit Hilfe von Handwerkzeugen durchbrochen hatten und die Kumpel herausholen konnten. Um Viertel vor fünf krochen Webb und Russell schließlich nacheinander aus ihrem Gefängnis in den schmalen Tunnel. Sie wurden auf Bahren an die Oberfläche gebracht. Die letzten Meter ins Freie gingen sie auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin auf eigenen Beinen.

"Gute körperliche Verfassung"

Im Launceston General Hospital wurden die beiden Bergleute schließlich noch einmal gründlich untersucht. Sie seien aber in "sehr guter körperlicher Verfassung", sagte ein Krankenhaussprecher nach Angaben australischer Medien. Russell verließ die Klinik auf eigenen Wunsch bereits am Dienstagvormittag. Sein Kollege Webb entschied sich, noch eine Weile zu bleiben: Zum Mittagessen gab es Steak und Pommes frites.

Überschattet wurde die Freude über die Bergung von Russell und Webb allerdings vom Tod ihres Kollegen Knight. Nur sechs Stunden nach Abschluss der Rettungsaktion wurde der 44-Jährige zu Grabe getragen. Seine Familie hatte beschlossen, die Trauerfeier aufzuschieben, in der Hoffnung, dass Russell und Webb teilnehmen können. (chr)