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Politik

Afrika-Hype auf Sparflamme

Daniel Pelz Berlin
20. Februar 2018

Mehr Investitionen, mehr Wohlstand: Deutsche Wirtschaftsvertreter und Politiker versprachen beim "German Africa Business Summit" vor einem Jahr mehr Engagement. Doch bisher ist noch nicht viel daraus geworden.

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Entwicklungsminister Gerd Müller mit Frannie Leautier, Vize-Chefin der Afrikanischen Entwicklungsbank
Entwicklungsminister Gerd Müller bei einem Besuch in der Elfenbeinküste (Archiv)Bild: DW/A. Kriesch

Die Visionen waren kühn, die Träume grenzenlos. Das Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsforum in Nairobi sollte nicht weniger als den Beginn einer neuen Ära markieren. "Das Potenzial Afrikas ist enorm", schwärmte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die gemeinsam mit Entwicklungsminister Gerd Müller teilnahm. "Die ostafrikanische Region wird eine der Fokusregionen beim weltweiten Wachstum sein. Es gibt für uns keine Möglichkeit, nicht Teil dieser Entwicklung zu sein", sagte Stefan Liebing vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Bei so viel Aufbruchsstimmung fiel es kaum ins Gewicht, dass Kenias Präsident Uhuru Kenyatta kurzfristig absagte, obwohl der rote Teppich schon ausgerollt war.

Gut ein Jahr später hat die neue Ära noch nicht begonnen. 2017 investierten deutsche Firmen knapp 789 Millionen Euro in Afrika. Ein Rückschritt: 2016 war es etwas mehr als eine Milliarde gewesen. Seit dem Gipfel gebe es viel Interesse deutscher Firmen und auch gute Gespräche, sagt Dennis Awori, der als Vorsitzender der kenianischen Privatwirtschaftsallianz in Nairobi dabei war. "Aber die deutschen Firmen haben ihre Versprechen nicht in dem Maße erfüllt, wie wir uns das gewünscht hatten." In erster Linie seien es die bekannten Namen, die derzeit in Afrika investieren, sagt Awori zur DW: Volkswagen, Bosch oder die Allianz.

Mittelstand zögert noch

Gerade Volkswagen baut seine Präsenz aus: Ab Mai sollen in Ruandas Hauptstadt Kigali jährlich bis zu 1000 VW-Fahrzeuge pro Jahr zusammengebaut werden. Auch eine Carsharing-App will der deutsche Autobauer auf den Markt bringen. Mit dem Afrika-Gipfel wollten Politik und Wirtschaft aber auch Mittelständler anziehen, die vor einem Afrika-Engagement noch oft zurückschrecken.

Kenias Außenministerin Amina Mohamed mit Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries beim Deutsch Afrikanischen Wirtschaftsforum
Auch Entwicklungsministerin Zypries (r.) hat ein Afrika-Konzept vorgelegtBild: picture-alliance/AP Photo/S. A. Azim

Die Wirtschaft spielt den Ball an die Politik. "Vielen Willenserklärungen und guten Ideen sind noch keine Umsetzungsvorhaben gefolgt", sagte Stefan Liebig, Vorsitzender des Afrikavereins der deutschen Wirtschaft, Ende letzten Jahres der DW. Wirtschaftsverbände fordern bessere staatliche Absicherungen und Garantien, damit Firmen nicht in Schieflage geraten, wenn das Afrika-Engagement scheitert.

Genau das hatte die Politik in Nairobi zugesagt. Der Wirtschaftsgipfel war zugleich der informelle Auftakt des deutschen Afrika-Jahres. Bundeskanzlerin Merkel hatte versprochen, Afrika in den Mittelpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft zu rücken. Vor allem mehr Privatinvestitionen wollte sie für den Nachbarkontinent mobilisieren. Ihre Minister schrieben dafür fleißig Konzepte: Das Entwicklungsministerium den "Marshallplan", das Wirtschaftsministerium "Pro!Afrika" und das Finanzministeriums den sogenannten "Compact with Africa".

Doch der Afrika-Hype in der Politik kocht seit der letzten Bundestagswahl allenfalls auf Sparflamme. "Einen gewissen Stillstand" bei der Umsetzung der Pläne macht der deutsche Afrika-Experte Robert Kappel aus. Reformpartnerschaften mit Ghana, Tunesien und der Elfenbeinküste hat das Entwicklungsministerium im Rahmen des Marshallplans bisher vereinbart. Erste Projekte zur Reform des Energiesektors in Ghana und des Kakao-Sektors in der Elfenbeinküste laufen. Beiden Ländern hat Deutschland jeweils rund 100 Millionen Euro zugesagt, Tunesien sogar 165 Millionen.

Eine Mitarbeiterin im Volkswagen-Werk in Südafrika
Nur rund 1000 deutsche Unternehmen sind in Afrika aktivBild: picture-alliance/Volkswagen/F. Gentsch

"Öffentliche Entwicklungshilfe mit staatlichen Geldern schafft Leuchtturmprojekte. Aber wir brauchen auch Privatinvestitionen als zweite Säule", betont Entwicklungsminister Müller auch heute im DW-Interview. "Die Privatwirtschaft ist gefordert, durch Investments Chancen zu nutzen. Die Chinesen sehen dies ja und wir müssen ihnen auf den afrikanischen Kontinent folgen."

Wird der Marshallplan umgesetzt?

Unklar aber ist, ob diese ambitionierten Ziele umgesetzt werden können. Denn es ist nicht sicher, ob Müller der nächsten Regierung noch angehören wird. Seine Kollegin Zypries wird im neuen Kabinett definitiv nicht mehr sitzen. CDU/CSU und SPD bekennen sich im Koalitionsvertrag zwar ausdrücklich zum Marshallplan, aber: "Es hängt auch immer von der jeweiligen Persönlichkeit ab, ob der Plan mit großer Verve umgesetzt wird", sagt  Afrika-Experte Robert Kappel. "Insofern wird man sehen, ob ein möglicher neuer Minister oder eine neue Ministerin den gleichen Schwung haben wird."

Dass aber eine neue Bundesregierung die Weichen vollständig anders stellen könnte, glaubt er aber nicht. "Aufgrund des G20-Gipfels im letzten Jahr, der Diskussionen zwischen der Regierung und den Wirtschaftsverbänden ist viel Öffentlichkeit geschaffen worden. Viele Unternehmen sind bereit, nach Afrika zu gehen. Viele afrikanische Reformländer sind bereit, den Prozess mitzugehen. Das deutet darauf hin, dass Thema nicht verpuffen wird, wenn die neue Koalition kommt."