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Berlin bilanziert die Wahl in Bremen

23. Mai 2011

Es war zwar nur das kleinste Bundesland, aber das Ergebnis der Wahl in Bremen hat auch bundespolitische Effekte. Kanzlerin Merkel zeigte sich mit dem CDU-Resultat unzufrieden. Grund sei die Debatte um den Atomausstieg.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Wahlnachlese zu Bremen (Foto: dapd)
Die CDU-Vorsitzende Angela MerkelBild: dapd

Der Montag nach einer Landtags- beziehungsweise Bürgerschaftswahl: Üblicherweise ist das auch die Gelegenheit für die Bundesparteien, ihre Schlüsse aus dem Ergebnis zu ziehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in ihrer Funktion als CDU-Vorsitzende schon schönere Tage. Nein, die Christdemokraten seien mit dem Ergebnis in Bremen nicht zufrieden, sagte Merkel am Montag (23.05.2011) nach den Gremiensitzungen ihrer Partei in Berlin. Die Situation in der Hansestadt sei für die CDU nie einfach gewesen, "aber wir hätten uns mehr gewünscht".

Das Rathaus in Bremen (Foto: dapd)
Im Bremer Rathaus bleibt alles wie gehabtBild: dapd

Aber mehr war nicht drin. Im kleinsten deutschen Bundesland ging die rot-grüne Regierung als überragender Sieger aus der Bürgerschaftswahl hervor. Die CDU ist nach den bisherigen Resultaten mit 20,1 Prozent nur noch drittstärkste Kraft hinter den Grünen, die auf 22,5 Prozent zulegten. Für die SPD von Bürgermeister Jens Böhrnsen wurden 38,6 Prozent berechnet. Das vorläufige amtliche Endergbnis wird - weil das in Bremen komplizierter als in anderen Ländern ist - nicht vor Mittwoch erwartet.

Fehlt der CDU die "Großstadtkompetenz"?

Die Debatte über den Atomausstieg sei einer der wesentlichen Gründe für die herbe Niederlage gewesen, meinte Merkel. Ihr Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte dagegen am Morgen im ARD-Frühstücksfernsehen noch die fehlende "Großstadtkompetenz" der Christdemokraten als Mangel ausgemacht: "Da müssen wir uns schon anstrengen, um als Großstadtpartei die richtigen Akzente setzen zu können. Es muss das Lebensgefühl in den Großstädten wieder besser getroffen werden." Dass führende CDU-Politiker wie etwa der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und der Vorsitzender der Jungen Union, Philipp Mißfelder, eine Strategiewende bei den Christdemokraten forderten, wird der Kanzlerin den Tag auch nicht verschönert haben.

Claudia Roth und Karoline Linnert (Foto: dpa)
Die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth, mit der Bremer Spitzenkandidatin Karoline LinnertBild: picture alliance/dpa

Deutlich fröhlicher traten die Grünen auf, nachdem sie in Bremen an der CDU vorbeiziehen konnten. Und für fröhliche Auftritte ist bei den Grünen Parteichefin Claudia Roth zuständig. Sie konstatierte, dass ihre Partei in Bremen trotz der Regierungszugehörigkeit Zugewinne erzielt habe. "Man kann sehr wohl regieren und dann bei der kommenden Wahl Zuwachs generieren", sagte die Grünen-Chefin. Als Volkspartei wolle man aber nicht gesehen werden. Dieser Begriff gehört für die Grüne der Vergangenheit an. "Allerspätestens seit gestern ist es jetzt vorbei mit der Volkspartei."

Ein neues Etikett: die "Kümmerer-Partei"

So sprachen Frau Merkel und Frau Roth, und auch für die SPD – die ja die eigentlichen Wahlsieger sind - äußerte sich eine Politikerin. Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, die Sozialdemokraten müssten sich künftig stärker den Alltagssorgen der Bevölkerung annehmen. "Wir müssen die Kümmerer-Partei sein", sagte Nahles. Dass die Partei in letzter Zeit selbst viel Kummer hatte, hätte die Beobachter in Berlin zu Wortspielen einladen können – doch da kam von Frau Nahles bereits die nächste griffige Botschaft. "Im Abwärtsstrudel" befinde sich nämlich das schwarz-gelbe Regierungsbündnis. Die CDU-Vorsitzende führe ihre Partei von einer Niederlage zur anderen.

Jens Böhrnsen, SPD-Mann und Bürgermeister in Bremen (Foto: dapd)
Bleibt Bürgermeister in Bremen: Jens Böhrnsen, SPDBild: dapd

Wahlsieger Jens Böhrnsen übrigens kam an diesem Montag nicht nach Berlin, um die traditionellen Glückwünsche der Bundespartei persönlich entgegenzunehmen. Es passt zur nüchternen Art des Bremer Bürgermeisters, dass er es mit der Teilnahme an einer Telefonkonferenz bewenden ließ. Kommenden Montag will Böhrnsen dann aber doch die Reise in die Hauptstadt antreten, wenn der Parteivorstand tagt.

Die Stimmung nicht gedreht

Ankommen in Berlin – das hat für den neuen FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler längst begonnen. Und auch an diesem Montag wurde Rösler klar, dass "noch ein langer Weg vor uns" liegt. 2,5 Prozent in Bremen – viel zu wenig für den Sprung in die Bürgerschaft. Nach dem Neuanfang auf dem Rostocker Parteitag habe man nicht erwarten können, binnen einer Woche die Stimmung zu drehen. Heimlich hoffen die FDP-Strategen wohl, dass sie spätestens nach der Wahl in Schleswig-Holstein im Mai 2012 Grund zu besserer Laune haben werden.

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler nach der Bremer Wahl (Foto: dapd)
Nach der Pressekonferenz, vor der nächsten Wahl: FDP-Chef Philipp RöslerBild: dapd

Die Linkspartei hat es mit 5,8 Prozent zwar in die Bürgerschaft geschafft, dabei aber auch Verluste einstecken müssen. Grund sei die Resignation vieler Wähler, meinte Parteichef Klaus Ernst. Auch der Linken sei es nicht ausreichend gelungen, Nichtwähler davon zu überzeugen, an die Urnen zu gehen, sagte Ernst im Radiosender MDR Info. In Bremen waren mit 53,6 Prozent so wenige Bürger wie noch nie zuvor in dem Land zur Wahl gegangen. Ernst äußerte die Hoffnung, dass soziale Themen bald wieder an Bedeutung gewinnen. Gemeint hat er damit wohl die Hoffnung, dass seine Partei bald wieder an Bedeutung gewinnt.

Autor: Marko Langer (mit dpa, rtr, dapd, afp)
Redaktion: Martin Schrader