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Berlin verliert Geduld mit Athen

19. August 2012

Kein Geld ohne Gegenleistung! Die Unionsfraktion im Bundestag will Griechenland das dritte Hilfspaket verweigern, wenn Athen nicht endlich spart. Eine Warnung an Regierungschef Samaras, der die Kanzlerin trifft.

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Staatsbankrott Griechenlands immer wahrscheinlicher Symbolbild (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Weitere Zugeständnisse an Griechenland? Auf gar keinen Fall. "Die Griechen müssen einhalten, was sie zugesagt haben, da gibt es keinen Spielraum mehr, weder beim Zeitrahmen noch in der Sache selbst", so Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) gegenüber dem "Spiegel". Die Griechen müssten irgendwann die Frage beantworten: Strengen wir uns vielleicht noch mehr an oder verlassen wir den Euro? Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) formulierte seine Verärgerung: "Eine Aufweichung der vereinbarten Reformen in der Substanz kommt nicht Betracht", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Das würden andere reformwillige Länder wie Spanien mißverstehen. Er wünsche zwar, dass die Eurozone zusammen bleibe, der Schlüssel für die Zukunft Griechenlands in der Eurozone liege allerdings in Athen.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) äußerte sich gegenüber "Spiegel Online": "Wer sich nicht an die Regeln hält und vereinbarte Zusagen bricht, kann nicht mit finanzieller Hilfe rechnen."

Geduldsfaden bis zum Zerreißen gespannt

Die Koalitionspolitiker reagieren unter anderem deshalb so harsch gegenüber Griechenland, weil bekannt geworden ist, dass die Finanzierungslücke Athens größer als bisher angenommen sein soll. Der Regierung fehlen in den kommenden zwei Jahren nicht wie angegeben 11,5 Milliarden Euro, sondern bis zu 14 Milliarden Euro. Das berichtet der "Spiegel" in seiner neuesten Ausgabe. Das Blatt beruft sich auf die Ergebnisse der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Bei ihrer jüngsten Prüfung hat die Troika dieses Finanzloch festgestellt.

Merkel trifft Samaras

Wie ernst die Lage ist und dass Deutschland nicht mehr gewillt ist, ständig Hilfspakete zu schnüren ohne konkrete Fortschritte präsentiert zu bekommen - das wird die Kanzlerin in der kommenden Woche wohl ihrem griechischen Amtskollegen mitteilen. Regierungschef Antonis Samaras kommt am 24. August nach Berlin. An diesem Sonntag ist bereits der griechische Außenminister Dimitris Avramopoulos nach Deutschland gereist, um das Treffen vorzubereiten.

Der griechische Regierungschef Antonis Samaras verspricht noch härteren Sparkurs (Foto: ap)
Samaras verspricht härteren SparkursBild: AP

Samaras stellt Bedingungen

Samaras will in Berlin etwas versprechen, aber auch etwas fordern. Er ist bereit, die Sparzusagen einzuhalten, will dafür aber mehr Zeit bekommen. Doch genau diese Zeit wollen ihm Politiker der schwarz-gelben Koalition nicht mehr einräumen. Denn was ist bisher passiert? Der griechische Staatsapparat ist weiterhin aufgebläht, Steuerbehörden scheitern an ihrer eigenen Infrastruktur, wohlhabende Griechen schaffen ihr Vermögen ins Ausland und Anzeichen für zukunftsträchtige Wirtschaftszweige gibt es auch nicht. Deshalb will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "kein Geld in ein Fass ohne Boden werfen".

Problem erkannt

Der griechische Finanzminister Giannis Stournaras sieht die Lage, in der sich sein Land befindet, realistisch. Griechenland habe "den teuersten Sozialstaat" in der Eurozone und könne diesen nicht länger mit "geliehenem Geld" aufrecht erhalten, so der Minister. Er mahnte zu weiteren Sparanstrengungen, denn Griechenland müsse unter dem "Schirm des Euro" bleiben. Dies sei die einzige Möglichkeit, um die Bevölkerung vor einer Armut zu bewahren, "die wir noch nicht erlebt haben". Das sagte Stournaras einer griechischen Lokalzeitung.

Strenge Kontrolle

In den nächsten Tagen und Wochen wird Griechenland unter ständiger Beobachtung stehen. Am 22. August reist Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach Athen, um sich persönlich ein Bild vom Sparprogramm zu machen. Am 23. August werden sich in Berlin der französische Präsident Francois Hollande und Bundeskanzlerin Merkel treffen. Auch dann wird es wahrscheinlich um Griechenland gehen. Frankreich, das selbst unter hoher Arbeitslosigkeit und einer viel zu hohen Staatsquote leidet, zeigt sich gegenüber Griechenland großzügiger als Deutschland. Zusammen mit anderen südeuropäischen Ländern drängt Paris darauf, Athen notfalls neue Hilfen zu gewähren, damit Griechenland in der Eurozone bleiben kann.

Ausweg in Sicht?

Aber muß es unbedingt ein neues Hilfspaket sein? Der "Spiegel" berichtet, dass die Regierungen der Eurozone erwägen, Griechenland einen Rabatt auf die Zinsen für die Hilfskredite zu gewähren. Eine andere Möglichkeit wäre, einer kompletten Stundung der Schulden zuzustimmen.

cd/ml (dpa, dapd, afp)