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Berlusconi inszeniert sein Comeback

Kirstin Hausen15. August 2012

Mal sagt er ja, mal nein. Das Zögern ist Teil der Strategie des Ex-Regierungschefs. Auch wenn seine Fangemeinde in Italien nicht mehr groß ist: Mit Berlusconi ist noch zu rechnen.

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Silvio Berlusconi (Foto:dapd)
Bild: dapd

Statt im Kreise junger Bikinischönheiten zeigt sich der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi den Italienern in diesem Sommer von der sportlichen Seite. Ein ihm wohlgesonnenes Klatschblatt druckte Fotos vom joggenden 75-Jährigen, der laut Aussagen seines Leibarztes Alberto Zangrillo so fit wie nie sei. Deshalb könne er auch getrost auf den Strandurlaub in seiner Villa auf Sardinien verzichten und sich im Arbeitszimmer in Mailand Gedanken über seine Rückkehr auf die politische Bühne machen. Denn Silvio Berlusconi will es noch einmal wissen. Auch wenn er es nicht so offen sagt. Das Zögern und Zaudern gehört seit jeher zu seiner Taktik. Aber je mehr er sich ziert, desto wahrscheinlich wird, dass Berlusconi bei den Parlamentswahlen 2013 wieder als Spitzenkandidat seiner Partei Popolo della Libertá antreten wird. 

Aber, hat er noch Chancen bei den italienischen Wählern? "Berlusconi ist immer für eine Überraschung gut. Er ist ein Steh-auf-Männchen und je schlechter seine Chancen stehen, desto mehr kommt er in Fahrt", urteilt der Mailänder Medienwissenschaftler Giorgio Grossi. Berlusconi ist auch ein Alpha-Männchen und nicht freiwillig als Regierungschef abgetreten. Weder Bestechungsvorwürfe noch Gerichtsurteile noch der Bunga-Bunga-Skandal um ausschweifende Partys mit Prostituierten konnten ihn aus dem Sattel werfen. Es waren die Finanzmärkte, die Italien im September 2011 massiv das Vertrauen entzogen und damit Berlusconi zum Rücktritt zwangen. Die Zinsen auf Staatsanleihen stiegen gefährlich an und Staatspräsident Giorgio Napoletano zog die Notbremse, indem er flugs eine Übergangsregierung unter Leitung des Wirtschaftsprofessors Mario Monti vereidigte. 

Metzgerladen (Foto: Kirstin Hausen)
Die fetten Jahre sind in Italien eigentlich vorbeiBild: Kirstin Hausen

Viel Show - und nichts dahinter?

Inzwischen ist die Euphorie über den Reformeifer und die Sparprogramme der Regierung Monti verflogen. Sowohl an den Finanzmärkten als auch im eigenen Land. Immer mehr Italiener stöhnen über Kürzungen im Sozial- und Gesundheitswesen, murren über das höhere Renteneintrittsalter und neue Steuern. Und Berlusconi profiliert sich wieder mit populistischen Forderungen wie der, Deutschland aus der Eurozone zu werfen, wenn es nicht bereit ist, solidarisch zu sein. Deutschland soll also zahlen.

Aber was kann er sonst noch bieten? Viel Show, wie immer. Seit Wochen schürt er Gerüchte um seine Rückkehr aufs politische Parkett. Seine Parteikollegen hätten ihn angefleht, bei den nächsten Wahlen wieder anzutreten, ließ er verlauten. Sein Zögling Angelino Alfano, der bereits als neuer Spitzenkandidat gehandelt worden war, twitterte brav, auch er habe Berlusconi gedrängt, die Führung zu übernehmen. In der Tat ist Berlusconis Partei ohne ihn, den Gründer und finanziellen Sponsor, nichts als ein Haufen blasser Politamateure. Aalglatte Schmeichler und Frauen mit Modelmaßen haben steile Karrieren gemacht, während politischer Sachverstand keine nennenswerte Qualifikation für Posten in Partei und Politik darstellte. Ohne Silvio Berlusconi als Fixstern, um den sich alles dreht, bricht dieses System wie ein Kartenhaus zusammen.

Die Fangemeinde lebt

Die Italiener sind gespalten. "Was kann uns Berlusconi denn noch bieten?" fragen sich die beiden Mittvierziger Angelo Biretta und Corrado della Porta.  Gerade jüngere, politisch interessierte Menschen wollen einen radikalen Neuanfang, und nicht mehr "die alten Gesichter" sehen, zu denen zu seinem eigenen Leidwesen inzwischen auch Berlusconi zählt. Er ist nicht mehr der Quereinsteiger, er ist ein Politrentner. "Wir brauchen neue, unverbrauchte Politiker, die unser Land auf Kurs bringen" sagt Giordano Palla, der sein Informatikstudium für einen Job als Pizzabäcker unterbrochen hat: "Nur ein politisches Reset kann Italien aus der Krise reißen."

Giordano Palla (Foto: Kirstin Hausen)
Pizzabäcker Giordano Palla kann Berlusconi nicht mehr sehenBild: Kirstin Hausen

Dass die Krise auch die Schuld von Silvio Berlusconi ist, glauben dagegen weniger Italiener als man annehmen möchte. Obwohl der Unternehmer jahrelang regierte und in dieser Zeit keine nennenswerten Reformen, die Italien gebraucht hätte, auf den Weg brachte, lasten ihm viele Italiener die desolate Wirtschafts- und Schuldenlage ihres Landes nicht an. "Die Krise ist global und nicht hausgemacht", sagt die Kellnerin Floriana Bassi und ihr Bruder Alberto ergänzt: "Vielleicht versteht Berlusconi als Unternehmer am besten, wie wir da herauskommen." Wieder einmal richten sich die Hoffnungen eines Teils der Italiener auf Berlusconi. Und der versteht es wie kein anderer, daraus Kapital zu schlagen. Mit ihm ist also noch zu rechnen, im nächsten Wahlkampf.